Umgang mit Geschiedenen: Priester begehren gegen Rom auf

Trier/Freiburg · In Deutschlands zweitgrößtem Bistum Freiburg fordern immer mehr katholische Priester, wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zuzulassen. Auch der ehemalige Trierer Fernsehpfarrer Stephan Wahl zählt zu den Befürwortern und äußert scharfe Kritik am Vatikan.

 Kritik an Rom: Ex-Fernsehpfarrer Stephan Wahl. Foto: privat

Kritik an Rom: Ex-Fernsehpfarrer Stephan Wahl. Foto: privat

Trier/Freiburg. Über 200 Priester und Diakone haben die "Freiburger Erklärung" in den vergangenen Tagen unterschrieben. Sie fordern, dass wiederverheiratete Geschiedene in der katholischen Kirche nicht länger ausgeschlossen werden. Laut Kirchenrecht dürfen Geschiedene, die erneut heiraten, keine Sakramente erhalten und keine kirchlichen Ämter übernehmen. Das ist nicht zeitgemäß, sagen viele Gläubige, und auch immer mehr Priester und Diakone sind inzwischen dieser Meinung. Einer von ihnen ist der ehemalige Fernsehpfarrer Stephan Wahl, der auch Kommunikationsdirektor des Trierer Bischofs Stephan Ackermann ist.
Allerdings legt Wahl Wert darauf, dass er sich zum Thema wiederverheiratete Geschiedene nicht in offizieller Funktion äußert, sondern lediglich seine persönliche Meinung vertritt. Die allerdings ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. "Es ist für mich als Katholik und Priester unerträglich, dass nach geltendem Recht ein etwa wegen Missbrauchs straffällig gewordener Priester leichter Sakramente spenden kann als ein Geschiedener Sakramente empfangen kann", sagte der 52-Jährige gestern unserer Zeitung.
Dies gehe nicht gegen die Unauflöslichkeit der Ehe, sondern um einen christlichen Umgang mit menschlichem Scheitern in einer Ehe. "Mich ärgert seit jeher, dass Rom hier die Mitbrüder vor Ort in den Pfarreien bei konkreten Fällen immer wieder in Gewissens- und Loyalitätskonflikte bringt", kritisiert der mit dem päpstlichen Ehrentitel Monsignore ausgezeichnete Priester. Wahls Forderung: "Es wäre schöner, eine vatikanische Richtungsänderung in dieser Frage erkennen zu können, als sich für den momentanen römischen Macht- und Intrigenzirkus peinlich berührt fremdschämen zu müssen."
Der 52-jährige Priester ist dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Im Februar 2011 hatte er sich in einer seiner letzten Wort-zum-Sonntag-Sendungen für eine Abschaffung des Zölibats und mehr Toleranz gegenüber Schwulen und Wiederverheirateten ausgesprochen.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hatte zum Thema wiederverheiratete Geschiedene vor einem Jahr in einem TV-Interview gesagt: "Wir müssen zu Lösungen kommen, die deutlich machen, dass diese Menschen nicht aus der kirchlichen Gemeinschaft herausfallen." Allerdings dürfe es keine Schnellschüsse geben und auch keine Alleingänge der katholischen Kirche in Deutschland.

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