Umkehr auf halbem Weg

Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann hatte auf ihn geschworen. Xavier Naidoos Lied "Der Weg" untermalte jede Trainingseinheit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Dieser Weg wird steinig und schwer" heißt es unter anderem im Text des Mannheimer Sängers.

Klinsmann wusste das, als er sich im Sommer 2004 auf das Projekt "WM 2006" mit der Nationalmannschaft einließ. Er verkörperte den Optimismus, den WM-Titel zu holen. Um sich herum schuf er einen bisher in dieser Größe undenkbaren Stab, der diesen Optimismus mit fachlichem Leben füllte. Viele wollten ihm aber den Optimismus nicht abkaufen. Klinsmann durfte sich in Teilen der DFB-Spitze keineswegs als Gast bei Freunden fühlen. Sein Rückzug ist deshalb eine schallende Ohrfeige für manchen DFB-Funktionär, aber auch für Franz Beckenbauer, der noch in der heißen WM-Vorbereitung Giftpfeile gen Klinsmann abschoss. Gleichzeitig beweist der Schwabe, der im Umfeld der Nationalelf ohne große Rücksicht auf langjährige Mitarbeiter vieles auf den Kopf stellte, einmal mehr seinen Charakter als kühler Rechner. Ihm ist bewusst, dass größere Euphorie als nach dieser WM in Deutschland wohl auch ein Titelgewinn bei der Europameisterschaft in zwei Jahren nicht entfachen wird. Sein Nachfolger Joachim Löw ist ausgewiesener Fachmann und in der Zusammenarbeit mit Klinsmann ohnehin der Mann fürs operative Trainings-Geschäft gewesen. Er ist ruhig, besonnen - und in dieser Rolle der ideale Partner für Klinsmann. Aber sein Kompagnon ist nun abhanden gekommen, Löw rückt ins grelle Rampenlicht. Auch für ihn wird der Weg zum auserkorenen Ziel, der Titel bei der Europameisterschaft 2008, "steinig und schwer". Klinsmann ist auf diesem Weg umgekehrt. Schade! m.blahak@volksfreund.de

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