Und sie regiert trotzdem weiter ...

Berlin · 2011 musste sich die Kanzlerin schon einmal für längere Zeit schonen: Angela Merkel war damals falsch aufgetreten, zog sich prompt einen Meniskusriss zu und wurde am Knie operiert. Fortan sah man die Regierungschefin bei einigen Terminen an Krücken. Diesmal ist es ernster: Merkel hat sich beim Ski-Langlauf verletzt.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist während ihres Weihnachtsurlaubes in der Schweiz beim Ski-Langlauf gestürzt und hat sich eine schwere Prellung "verbunden mit einem unvollständigen Bruch im linken hinteren Beckenring" zugezogen. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag mit. Die Ärzte hätten ihr drei Wochen Schonung verordnet. Doch wer regiert jetzt das Land? Merkel natürlich.
"Sie ist hingefallen. Beim Langlauf. Wir gehen von niedriger Geschwindigkeit aus", betonte Seibert mit einem Augenzwinkern. Zunächst war Merkel "nur" von einer Prellung ausgegangen, so dass sie ihre Neujahrsansprache pflichtgemäß am 30. Dezember im Kanzleramt aufzeichnete. Allerdings im Sitzen. Am Freitag darauf suchte sie dann doch lieber einen Arzt auf, der den Beinahe-Bruch - eine sogenannte Infraktion - feststellte. Er riet ihr, in den kommenden drei Wochen möglichst viel zu liegen.
Flugreisen sind daher derzeit nicht möglich. Mehrere Termine seien abgesagt worden, etwa der geplante Besuch in Polen sowie der Empfang des neuen luxemburgischen Premierministers. Die CDU verschob ebenfalls ihre Vorstandsklausur am kommenden Wochenende.
Wegen der Verletzung werde sich die Kanzlerin "auf einige wenige Termine im Bundeskanzleramt und in Berlin konzentrieren", erklärte Seibert. Sie sei "handlungs- und kommunikationsfähig". Den Großteil der Arbeit will die 59-Jährige jetzt aus ihrer Wohnung an der Berliner Museumsinsel erledigen. Das dürfte ihr nicht schwerfallen - Merkel gilt als Meisterin im Regieren mit dem Handy. Die Kabinettssitzung am Mittwoch will sie trotzdem leiten. Dort wird man die CDU-Chefin dann mit Gehhilfe sehen. Käme es anders, müsste Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) einspringen.
Nur wenig weiß man über die frühere Krankengeschichte der Angela Merkel. Wie für andere Spitzenpolitiker gilt auch für die Kanzlerin: Sie ist immer gesund, und ist sie es nicht, erfährt das die Öffentlichkeit selten. Neben dem Meniskusriss ist ab und an mal eine schwere Erkältung bekannt geworden, wie die vor zwei Jahren, die Merkel ebenfalls beim Urlaub in der Schweiz niederstreckte und von der die Boulevardpresse Wind bekommen hatte. Ansonsten sind Krankheiten ein Tabu, das bei Top-Politikern nur dann gebrochen wird, wenn gar nichts mehr geht und sich die Krankheit kaum mehr verheimlichen lässt.
So, wie bei Matthias Platzeck, der aus gesundheitlichen Gründen zwei Ämter niederlegen musste: 2006 das des SPD-Chefs und 2013 das des Ministerpräsidenten von Brandenburg. Oder wie beim CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach, der vor einigen Monaten freimütig über seinen unheilbaren Krebs gesprochen hatte. Das brachte ihm viel Respekt ein. Bei der Bundestagswahl im vorigen Jahr holte Bosbach dann auch zum sechsten Mal in Folge ein Direktmandat.Extra

Über eine Woche nach seinem schweren Skiunfall kämpft Michael Schumacher weiter um sein Leben. Der Formel-1-Rekordweltmeister befinde sich weiter in einem kritischen Zustand, teilten die behandelnden Ärzte schriftlich mit. Wie der Unfall genau ablief, dürfte morgen verdeutlicht werden. Dann wollen die ermittelnden Behörden ihre Ergebnisse präsentieren. dpaExtra

Schon öfter regierten Kanzler vom Krankenbett aus. Einige Beispiele: Im Oktober 1955 litt Konrad Adenauer (CDU) an einer Lungenentzündung, die dem damals 79-Jährigen wochenlang zusetzte. Der Spiegel berichtete damals, dass Adenauer von seinem Haus in Rhöndorf oft in die damalige Bundeshauptstadt Bonn telefonierte - trotz der Bitte des CDU-Fraktionsvorstandes, sich unbedingt zu schonen. Im Wahlkampf 1972 rieb sich Willy Brandt dermaßen auf, dass er danach länger krank war. Vom Krankenbett aus konnte sich der SPD-Chef damals fast nur schriftlich in die Koalitionsverhandlungen mit der FDP einschalten. Im September 1989 wurde Helmut Kohl (CDU) in Mainz an der Prostata operiert, nachdem er an einer gutartigen Schwellung gelitten hatte. Zehn Tage später verließ der Kanzler die Klinik, um sich in seinem Haus in Oggersheim zu erholen. Er unterbrach den Erholungsurlaub jedoch für Arbeitstreffen. Im Februar 1995 unterzog sich wiederum Helmut Kohl in München einer lange geplanten Meniskusoperation. In den Tagen darauf führte er die Regierungsgeschäfte vom Krankenbett aus. Nach elf Tagen Krankenlager kehrte Kohl ins Bonner Kanzleramt zurück. dpa

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