Unfassbare Tat macht sprachlos

MORBACH. Kaum ein Morbacher wusste bis gestern Mittag, welche Tragödie sich in dem Dreifamilienhaus im Neubaugebiet "In der Huf" am Dienstagmorgen abgespielt hat. Dass eine Mutter ihren viereinhalb Monate alten Sohn in der Badewanne ertränkt haben soll, ist für alle unfassbar.

Vier baugleiche Dreifamilien-Häuser stehen in einer Reihe in der Straße "In der Huf" im Morbacher Neubaugebiet. Von hier hat man einen schönen Blick ins Tal, auf die Morbacher Kirche und die Hunsrückhöhen. Rechts steht unübersehbar eine gigantische Fabrikhalle. In einem überdachten Unterstand zwischen dem zweiten und dritten Haus ist ein Toyota Corolla geparkt. Am Heckfenster klebt ein mit einem lustigen Elefanten verziertes "Vorfahrt achten"-Schildchen, auf den ein Jungenname geschrieben steht. Der Junge, der diesen Namen trug, ist nur viereinhalb Monate alt geworden. Seine 26-jährige Mutter hat gestern gestanden, ihn in der Badewanne ertränkt zu haben.

Die Familie stammt aus Kasachstan, wohnt aber bereits seit mehreren Jahren in Morbach. Der Vater arbeitet in einem großen örtlichen Unternehmen, der achtjährige Sohn geht in die Grundschule.

Fast alle Bewohner der Mietshäuser stammen aus Russland oder Kasachstan. Auch eine Familie, die vor vier Jahren in die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses gezogen ist. Was sich in der Wohnung über ihnen, vermutlich am Dienstagmorgen, ereignet hat, können sie noch nicht wirklich fassen.

Der 14-jährige Sohn der Nachbarn hat am späten Montagabend gegen 23 Uhr einen lauten Schrei gehört. "Ich habe deutlich gehört, wie einer ganz laut ,Mama’ geschrieen hat." Am Dienstag fuhren dann morgens Polizeiautos und ein Krankenwagen vor. Später ein Leichenwagen. "Dann haben wir erfahren, dass das Baby tot ist", sagt der Junge. Sein Vater sagt: "Als ich gehört habe, was passiert ist, habe ich geweint." Zum Vater des getöteten Säuglings habe er Kontakt gehabt, zu der Mutter kaum. "Er ist in Ordnung, die Mutter ist sehr seltsam", sagt er.

"Schwierige familiäre Situation"

Ein älterer Mann, der ein paar Häuser weiter wohnt, weiß erst seit einer halben Stunde von der schrecklichen Tat. "Das gibt’s doch nicht", sagt er. Dann überlegt er einen Moment: "Ja, jetzt weiß ich, wer das war. Ich habe die Frau gelegentlich mit dem Kinderwagen gesehen." Ein anderer ist zu Besuch in der Siedlung. Er erfährt erst jetzt von der unfassbaren Tat, die sich in dem Haus schräg gegenüber ereignet hat. "Ich habe selbst drei Enkelkinder. Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter", sagt der Mann mit leiser Stimme. Viele Nachbarn, die in einem der vier Mietshäuser wohnen, wollen nichts sagen. "Das alles ist schon schlimm genug", antwortet eine Frau über die Sprechanlage. Unterdessen untersuchen zwei Kripobeamte die rund 90 Quadratmeter große Wohnung. Sie sichern Spuren und machen Fotos. Auch im Badezimmer macht einer der Beamten Aufnahmen. Warum die Frau ihr Baby in der Badewanne ertränkt hat, versucht die Staatsanwaltschaft nun zu klären. Es heißt, das Tatmotiv liege in einer "schwierigen familiären Situation". Die Nachbarn können dazu nichts sagen.

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