Unglaubwürdig

Selten lagen in Italien himmelhochjauchzende Freude und tiefe Trauer zeitlich so eng beieinander: Kaum hatte sich am Freitagabend die sehnsüchtig erwartete Nachricht von der Freilassung der Journalistin Giuliana Sgrena im Land verbreitet, folgte die Hiobsbotschaft vom tragischen Tod des Geheimdienstlers Nicola Calipari.

Dass der Offizier wie ein Held starb, in dem er mit seinem Körper den der gerade frei gekauften Geisel schützte, machte die Tragödie nur perfekt. Was auf der politischen Ebene folgte, war Schema "F": Italiens Ministerpräsident Berlusconi forderte pflichtgemäß vollständige Aufklärung, und sein Freund George W. Bush sagte dies zu. Wer daran glaubt, wird selig: Viel zu rasch kam dafür die Rechtfertigung des US-Militärs verbunden mit einseitigen Schuldzuweisungen an die Opfer. Deren Wagen sei zu schnell gefahren und habe Warnsignale missachtet. Klingt viel zu plausibel, um wahr zu sein. Lügen und das Legen falscher Fährten - auch um eigene Fehler zu kaschieren - sind für die Regierungen der am Irak-Krieg beteiligten Länder tägliches Geschäft. So gab es etwa im Irak weder ein Uran-Aufkaufprogramm zur Produktion von Atomwaffen, noch die angeblichen Arsenale mit Massenvernichtungswaffen. Alles Lügen, um den Krieg zu rechtfertigen. Niemand darf sich daher wundern, wenn Bush und Berlusconi jetzt keiner glaubt und selbst ab-struse Gerüchte wie das eines gezielten Angriffs schon die Runde machen. Ihre Glaubwürdigkeit haben die amerikanische und die italienische Regierung längst verspielt - schon vor dem Fall Sgrena. r.seydewitz@volksfreund.de

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