Union mauert, Grüne meutern

BERLIN. Nächste Runde im Streit um die Steuerpläne der Bundesregierung: Deren umstrittene Finanzierung sorgt auch innerhalb der Union für Zündstoff.

Angela Merkel hatte ihr Soll schon am Tag der Präsentation erfüllt. Kaum waren Kanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (SPD) am Mittwoch aus dem Haus der Bundespressekonferenz entschwunden, flatterte Journalisten auch schon Merkels schroffe Ablehnung der Eckpunkte zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform auf den Tisch. Nachmittags dann gab die CDU-Vorsitzende noch eine Pressekonferenz, und abends folgte die Aufforderung an den Regierungschef, neue Vorschläge bis zum 13. August vorzulegen. Das sollte von Merkels Seite an Reaktion erst einmal genügen. Reden und meckern gegen die Regierungspläne, die Steuersenkungen weitestgehend auf Pump zu finanzieren, durften am Tag danach andere. Merkel selbst legte gestern einen Bürotag ein und beobachtete vom Schreibtisch aus das Gewitter, das auch aus dem rot-grünen Lager über Kanzler und Finanzminister hinabging. Ruhig ließ sie es angehen, denn sie feierte ihren 49sten Geburtstag. Zufrieden sei sie mit den Reaktionen aus ihrer Partei, hieß es. Konnte sie vordergründig auch sein - denn die Ablehnungsfront ihrer Truppe stand. Nur: Auf die Zwischentöne kommt es an - und siehe da, das Bild der christlichen Eintracht verzerrte sich. Während die Unionschefin die Regierung zum "Nachsitzen" aufgefordert und damit weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte, klang das bei den anderen Sprach-Rohren ihrer Partei ganz anders. Hessens Ministerpräsident Roland Koch machte deutlich, dass es keine Steuerreform gebe, wenn keine seriöse Finanzierung vorliege. Was auch immer von Rot-Grün diesbezüglich kommen dürfte - kaum vorstellbar ist, dass Koch, der so gerne Kontrapunkte zu Merkel setzt, zustimmen würde. Und der zweite innerparteiliche Gegenspieler der Vorsitzenden, Fraktions-Vize Friedrich Merz, wurde noch deutlicher: Auf die Frage nach Gesprächen mit der Regierung antwortete er mit einem schlichten "Nein". Kleine, aber feine Nadelstiche gegen Merkel. Schneller als es der Union lieb ist, könnte dadurch aber die Aufmerksamkeit in der Steuerdebatte wieder bei ihr liegen. Zumal die Regierung dies kräftig betreibt. Schon am Mittwoch hatte der Kanzler gesagt, dass man nicht dogmatisch sei, wenn die Union gute Ideen habe. Gestern schlug Generalsekretär Olaf Scholz in die selbe Kerbe. Wohl wissend, dass Alternativen zur Neuverschuldung Mangelware sind. Vor dem 21. September, dem Tag der bayerischen Landtagswahl, dürfte sich an diesem Zustand auch nicht viel verändern, weil sich CSU-Chef Edmund Stoiber nicht durch die Ankündigung scharfer Einschnitte unbeliebt machen will. Also muss die Union weiter unrühmlich lavieren. Soweit das Kalkül von Schröder und Co. Nur: Zufrieden ist auch kaum jemand im eigenen Lager. Die Grünen meutern gegen die hohe Neuverschuldung. Die Diskussion dürfte auch im Regierungslager neu aufflammen. In trockenen Tüchern sind Eichels Pläne noch lange nicht.

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