"Unsere V-Leute in der NPD-Spitze sind abgeschaltet"

Mainz/Berlin · Bei einer Sonderkonferenz in Berlin beraten heute die Innenminister von Bund und Ländern über ein mögliches NPD-Verbotsverfahren. Zu den entschiedensten Befürwortern eines Verbots der rechtsextremen Partei zählt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz.

Im Interview mit TV-Redakteur Rolf Seydewitz sagt der 49-jährige Sozialdemokrat, warum er zuversichtlich ist, dass das Verbotsverfahren trotz Bedenken einiger Kollegen eingeleitet werden wird.

Die deutschen Innenminister treffen sich heute in Berlin, um über das weitere Vorgehen in Sachen NPD-Verbot zu beraten. Was ist Ihre Position?
Lewentz: Ich bin ganz klar für ein NPD-Verbotsverfahren. Diese Partei ist antidemokratisch, fremdenfeindlich und antisemitisch. Die NPD will unsere Grundordnung und unsere Gesellschaft zerstören. Ich kann nicht einsehen, dass sie sich auch noch ein Stück weit über Steuergeld finanziert.
Rheinland-Pfalz und Bayern drängen, andere Länder und auch der Bund treten eher auf die Bremse. Warum auf einmal die Eile?
Lewentz: Es ist keine Frage der Eile. Wenn man der Überzeugung ist, dass ein Verbotsverfahren eingeleitet werden soll, dann muss man die anderen Länder und den Bund davon überzeugen. Wir glauben, dass unsere Position richtig ist. Und ich als rheinland-pfälzischer Innenminister werde das in der heutigen Konferenz auch deutlich vertreten.
Vor neun Jahren ist ein erstes NPD-Verbotsverfahren gescheitert. Was macht Sie zuversichtlich, dass es dieses Mal klappen wird?
Lewentz: Es gab ja damals mehrere Gründe, warum das Verfahren vom Bundesverfassungsgericht nicht aufgenommen wurde. Ein Stolperstein war das Problem von V-Leuten in den NPD-Führungsebenen und die Frage, ob diese V-Leute womöglich sogar meinungsbildend sind. Rheinland-Pfalz hat seine V-Leute danach abgeschaltet. Das erwarte ich auch von den übrigen Bundesländern. Die ersten Signale vor der heutigen Konferenz zeigen, dass jetzt auch meine CDU-Ministerkollegen diese Vorgabe umsetzen wollen. Das wäre ein Meilenstein, um ein NPD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen.
Dass nach der Enttarnung der Zwickauer Terror-Zelle Bewegung in den Kampf gegen den Rechtsextremismus gekommen ist, zeigen ja auch die jüngsten Festnahmen in Rheinland-Pfalz …
Lewentz: Es war ein harter Schlag gegen die rechte Szene im Land, dass wir das Aktionsbüro Mittelrhein ausgehoben und 24 Sympathisanten verhaftet haben. Die Erkenntnisse sind ähnlich wie bei den Ermittlungen gegen die Zwickauer Terror-Zelle: Es gibt Verbindungen zur NPD.
Das hat der Trierer NPD-Landesvize Safet Babic im Gespräch mit unserer Zeitung auch offen eingeräumt …
Lewentz: Diese offen zugänglichen Informationen werden vom rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz auch gesammelt und ausgewertet. Das sind Erkenntnisse, die auch ohne Einsatz von V-Leuten gewonnen werden können.
Die Unionspolitiker Peter Uhl und Wolfgang Bosbach sehen bei einem neuen Verbotsantrag nicht das Verfassungsgericht als die größte Hürde an, sondern den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Was sagen Sie zu diesen Befürchtungen?
Lewentz: Ich habe den Eindruck, dass da etwas auf die lange Bank geschoben werden soll. Wir haben die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien zu beachten. Und auch auf europäischer Ebene gilt: Antidemokratische, fremdenfeindliche und antisemitische Verhaltensweisen sind nicht akzeptabel. Aber deutsche Innenminister haben ihre Hausaufgaben in Deutschland zu erledigen.
Was muss bei dem heutigen Treffen herauskommen, wenn es nach Ihnen geht?
Lewentz: Ich hoffe, dass wir uns auf gemeinsame Kriterien etwa in Bezug auf den Einsatz von V-Leuten einigen können. Das Ergebnis wird dann der Ministerpräsidentenkonferenz vorgelegt, die sich sehr rasch damit befassen dürfte. Und dann werden wir das NPD-Verbotsverfahren auf den Weg bringen.
Der neueste Verfassungsschutzbericht des Landes wird demnächst vorgestellt. Können Sie schon sagen, wie es um den Rechtsextremismus im Land bestellt ist.
Lewentz: Es gibt keinen Grund, Entwarnung zu geben. Allerdings liegt Rheinland-Pfalz im Bundesvergleich im unteren Drittel, was die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten angeht. Das liegt vor allem daran, dass es keine großen sozialen Unterschiede gibt und sich die Jugendarbeitslosigkeit in Grenzen hält. Zudem gehen die Sicherheitsbehörden im Land konsequent gegen rechten Extremismus vor. Was der neue Verfassungsbericht aber auch belegen wird: Von den etwa 750 Rechtsextremen im Land gelten rund 150 als gewaltbereit. Das sind Herausforderungen, die uns antreiben, weiter mit äußerster Härte vorzugehen. sey

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