US-Wahl: Warum Bernie Sanders immer noch eine wichtige Rolle spielt

Washington (dpa) · Es ist ruhiger geworden um Bernie Sanders, aber der linke Senator ist nicht minder umtriebig. Fleißig macht er Wahlkampf für seine einstige Konkurrentin Clinton. Er könnte ihr bald nochmal mächtig zusetzen.

Auf den letzten Metern kam er ihr noch einmal zur Hilfe. Bernie Sanders reiste in dieser Woche von der einen Küste der USA zur anderen, um Wahlkampf für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu machen. In mehreren Staaten rief der 75-jährige Senator seine Anhänger dazu auf, seiner einstigen Konkurrentin am kommenden Dienstag die Stimme zu geben.
In North Carolina, einem besonders umkämpften Staat, bestieg er sogar noch einmal mit Clinton gemeinsam die Bühne. Der Sänger Pharrell Williams war mit dabei, sein Lied „Happy“ schallte durch die Halle. Clinton erklärte, wie sehr viel mehr Spaß ihr der Wahlkampf mache, seit Sanders und sie auf einer Seite stünden.
Es war ein harmonisches Bild, aber das Bündnis zwischen den beiden beruht vor allem auf einer Zweckgemeinschaft. Sanders ist Clintons beste Waffe im Kampf um die Stimmen der weißen Arbeiterschaft. Wähler, mit denen es Clinton schwer hat, weil sie in Massen zu ihrem republikanischen Konkurrenten Donald Trump strömen.
Sanders wiederum will seine linke Bewegung fest in der demokratischen Partei verankern und Kandidaten in Ämter bringen, die seine Ziele teilen. Dankbar nutzt er jede Bühne, um an seine Forderungen nach kostenlosen Universitäten oder einer allgemeinen staatlichen Krankenversicherung zu erinnern.
Es ist ruhiger um ihn geworden, der Senator aus Vermont steht seltener im Fokus der Aufmerksamkeit, aber er ist nicht minder umtriebig als im ersten Teil des Jahres. Der grantige Mann mit dem weißen Haarkranz, den am Anfang der Vorwahlen kaum einer ernst genommen hatte, hatte der ehemaligen Außenseiterin Clinton mächtig zugesetzt. Sie gewann 34 der 56 Vorwahlen, er 22.
Schließlich erklärte er Clinton doch die Unterstützung - nicht ohne den Demokraten Zugeständnisse abverlangt zu haben. Das Wahlprogramm der Partei trägt seine linke Handschrift: Der deutlichste Beweis ist wohl der Mindestlohn von 15 US-Dollar. Wird Clinton Präsidentin, dürfte Sanders weiter Druck machen.

Ausgerechnet Paul Ryan, der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, lieferte ihm dafür die schönste Beschreibung. Ryan warnte bei einer Veranstaltung mit jungen Republikanern davor, dass der Kongress bloß nicht in die Hände der Demokraten fallen dürfe. „Wisst ihr, wer Vorsitzender des Haushaltsausschusses wird, wenn wir den Senat verlieren? Ein Typ namens Bernie Sanders.“

Dessen Team machte sich die Worte sogleich zu eigen und nutzte sie für einen Spendenaufruf. Rund zwei Millionen US-Dollar wollen sie daraufhin innerhalb von nur drei Tagen eingesammelt haben.
Gelingt es den Demokraten bei der Wahl am Dienstag tatsächlich, die Mehrheitsverhältnisse im Senat zu drehen, wäre Sanders mit im Gespräch für den Vorsitz des Haushaltsausschusses. In dieser Position hätte er so viel Einfluss wie nie zuvor, und könnte die Budgetplanung maßgeblich prägen. Es ist aber auch möglich, dass er den Vorsitz eines anderen Komitees übernimmt.

Und Sanders tut viel, um die richtigen Leute an die richtigen Stellen zu bringen. So unterstützt er linke Kandidaten im ganzen Land, die sich für den Senat, das Repräsentantenhaus oder andere Ämter bewerben. Das Motto der Plattform lautet „Our Revolution“ („Unsere Revolution“) - in Anlehnung an die Bewegung, die der Senator im Vorwahlkampf entfacht hatte. Über 100 Kandidaten gehören ihr an, die meisten bewerben sich um Sitze in den Bundesstaaten.
Aber auch Bewerber für das Repräsentantenhaus und den Senat sind darunter. Dazu gehört etwa Russ Feingold aus Wisconsin, der wieder in den Senat einziehen möchte und sich einen harten Wahlkampf mit seinem republikanischen Konkurrenten liefert.

Wie sehr es Sanders darauf anlegen wird, künftig seinen Einfluss geltend zu machen, zeigte sich in den vergangenen Tagen bei einem viel beachteten Thema. Als bekannt wurde, dass der Telekom-Konzern AT&T den Unterhaltungsriesen Time Warner schlucken will, polterte der Senator los. Hillary Clinton müsse im Fall eines Wahlsieges dafür sorgen, dass die Übernahme nicht zustande komme, forderte er. Sollte sie gewinnen, wird es wohl nicht sein einziger Wunsch bleiben.

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