Verantwortungslos

So, so, die deutschen Fernsehsender weigern sich also, den Stern-Werbespot "Glotze aus" auszustrahlen. Damit verzichten sie auf rechteckig Kohle, nur weil der Stern damit werben will, dass es eine Alternative zur Flimmerkiste gibt.

Wegen der Weigerung wirft der Stern den Fernsehsendern Langweiligkeit vor. Dabei ist das doch nun wirklich nichts neues. Der Latzhosen tragende und in einem Bauwagen wohnende Alt-Hippie Peter Lustig hat das schon vor zwanzig Jahren den Kindern im Ferienprogramm geraten. Und was hat es uns gebracht? Schläge auf dem Schulhof und tief sitzende Traumata, weil wir nicht wussten, was bei "Timm Thaler" passiert war. Wie, bitte schön, kommt der Stern auf die Idee, dass wir auf das Fernsehen verzichten können? Sorry, aber das geht nun wirklich nicht mehr. Ein Großteil der Menschen wäre völlig aufgeschmissen. Woher sollen wir denn sonst wissen, was wir morgens zur Arbeit anziehen müssen, wenn wir nicht im Frühstücksfernsehen die Modetipps von einem überkandidelten Stylingberater bekommen würden? Außerdem erfahren wir erst da, wie das Wetter draußen ist. Aus dem Fenster gucken? Quatsch, wir leben im 21. Jahrhundert, so etwas erfahren wir im Fernsehen. Wir brauchen das Fernsehen. Wie könnten wir ohne all die ins Mikro geweinten Geständnisse von Ehebruch, Drogenabhängigkeit und Volksmusik-Konsum leben? Ganze Wohngemeinschaften bestreiten ihr Einkommen nur aus Gewinnen von Neun Live. Wir würden keine Klingeltöne mehr für unsere Handys über Viva bestellen können und das Wunderputzmittel (zusammen mit dem Diätgrill von George Foreman) würde uns auch entgehen. Es geht also um fundamentale und existenzielle Werte! Diese Forderung vom Stern ist völlig verantwortungslos. a.houben@volksfreund.de

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