Verbandschef Wissmann: Gegen Rabattitis helfen nur attraktive Produkte

Das neue Jahr wird nach Einschätzung des Präsidenten des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, kein leichtes für die Branche und ihre Beschäftigten.

Berlin. (has) Der Wettbewerb in der Auto-Branche bleibe "messerscharf", sagt der Chef des Verbands der Deutschen Automobilindustrie im Interview mit unserer Zeitung. Mit Matthias Wissmann sprach unser Berliner Korrespondent Hagen Strauß.

Herr Wissmann, die Abwrackprämie hat 2009 die Autobranche gerettet. Wie düster wird 2010?

Wissmann: Wir dürfen nicht nur den Inlandsmarkt sehen: Im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise brachen die automobilen Märkte in einem bislang ungekannten Ausmaß ein. Wir haben zwar in vielen Ländern Marktanteile gewinnen können, aber unser Export wurde schwer gebeutelt. Die Neuregelung der KFZ-Steuer und die Umweltprämie haben die Inlandsnachfrage stabilisiert. 2009 dürfte ein Neuzulassungsvolumen von mehr als 3,8 Millionen PKW gebracht haben. Das ist ein Plus von rund einem Viertel. Im diesem Jahr erwarten wir zwischen 2,75 und drei Millionen Neuzulassungen. Das ist ein Niveau, das nur wenig unter dem langjährigen Durchschnitt des PKW-Inlandsmarktes liegt.

Rechnen Sie mit einem massiven Beschäftigungsabbau?

Wissmann: Es ist bisher gelungen, die Stammbelegschaften in den Unternehmen so weit wie möglich zu halten. Die durchschnittliche Beschäftigung lag in den ersten neun Monaten des vorigen Jahres nur drei Prozent unter dem Vorjahr. Wenn die internationalen Märkte 2010 wieder langsam anziehen, kann sich dies stabilisierend auch auf die Beschäftigung auswirken. Klar ist aber auch, dass dieses Jahr besondere Herausforderungen für die Beschäftigung in der deutschen Automobilindustrie bereithalten wird. Leicht wird es nicht.

Kann die Bundesregierung etwas tun, um die Entwicklung auch diesmal wieder abzufedern?

Wissmann: Wir haben nicht nach Subventionen gerufen und tun das auch jetzt nicht. Allerdings sollte die Politik alles vermeiden, was das Autofahren verteuert.

Wie hart wird der Preiskampf im Autosegment werden?

Wissmann: Der Wettbewerb ist schon jetzt messerscharf. Andererseits passen unsere Hersteller ihre Kapazitäten der veränderten Nachfrage an. Das beste Rezept gegen "Rabattitis" sind neue, attraktive Produkte. Und diese bringen unsere Unternehmen in erheblichem Umfang auf den Markt. So bieten die deutschen Hersteller zurzeit rund 100 Modelle mit einem Verbrauch von weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer an.

Was werden die Neuerungen, die Überraschungen des Jahres sein?

Wissmann: Unsere CO{-2}-Offensive geht weiter. In neun von zehn Fahrzeugsegmenten haben die deutschen Hersteller schon jetzt niedrigere CO{-2}-Werte als die Wettbewerber. Vom geringeren Kraftstoffverbrauch profitiert der Kunde an der Zapfsäule. Auch bei der Sicherheit sind wir führend - die neuen Assistenzsysteme machen das Autofahren noch sicherer und komfortabler.

Nach dem Willen der Koalition sollen 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Wie realistisch ist die Umsetzung dieser Zielvorgabe?

Wissmann: Die Bundesregierung hat die strategische Bedeutung der alternativen Antriebe erkannt. Wir unterstützen diesen Ansatz. Jetzt müssen im Schulterschluss von Politik und Industrie die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, damit dieses Land eine Vorreiterrolle in der Entwicklung dieser Antriebe einnehmen kann. Das ist ein internationaler Wettlauf. Unsere Häuser arbeiten mit Hochdruck an diesen Technologien.

Investiert Ihre Branche denn genug in die Forschung? In der Vergangenheit wurden viele Entwicklungen ja schlichtweg verschlafen.

Wissmann: Einspruch! Wir investieren 19 Milliarden Euro pro Jahr in Forschung und Entwicklung - mehr als jede andere Branche.

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