Verfassungsbruch als Hintertürchen

MAINZ. (win) Zur Finanzierung der Steuerreform nimmt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck neue Schulden und damit im Zweifelsfall auch einen Verstoß gegen die Verfassung in Kauf.

Die Neuverschuldung im Haushalt durch Kredite darf nicht höher sein als die Investitionen - so sieht es das Gesetz vor. Ein Verstoß gegen dieses Prinzip sei denkbar, um die Wirtschaft anzukurbeln, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck dem TV . Er unterstützt die Pläne der Bundesregierung, die vorgezogene Steuerreform größtenteils über Kredite zu finanzieren. Es komme darauf an, wirtschaftliche Impulse zu setzen, bevor die Konjunktur möglicherweise kippe, so Beck. Das Geld der Steuerentlastung müsse im Wirtschaftskreislauf bleiben. Weiteres Sparen mache momentan keinen Sinn. Um mit der Verschuldung über die verfassungsgemäße Grenze zu gehen, muss die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklärt werden. Beck plädiert dabei für ein einheitliches Vorgehen von Bund und Ländern. Eine mögliche Alternative zu neuen Krediten ist für den Mainzer Regierungschef der Verkauf von Ansprüchen des Landes aus der Wohnungsbauförderung an Banken. Über diesen Weg der Geldbeschaffung wurde bereits im laufenden Jahr eine Haushaltslücke von mehr als 200 Millionen Euro geschlossen. Entschieden werden soll über den Ausgleich der Steuerausfälle bei den Haushaltsberatungen des Kabinetts nach der Sommerpause am 9. September. Das Land wird durch ein Vorziehen der Steuerentlastung rund 270 Millionen Euro an Einnahmen verlieren. Dazu kommen noch einmal 57 Millionen Euro als zusätzlicher Kredit an die Kommunen, um deren Belastungen von 100 Millionen Euro abzufedern. Auch FDP-Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage trägt eine über Kredite finanzierte Steuerreform mit. Sie sei ein Signal für Investition, Wachstum und Beschäftigung und dürfe nicht mit einer ewigen Debatte um Gegenfinanzierung gefährdet werden, warnte er die CDU. Unions-Landeschef Christoph Böhr lehnte Schulden zwar nicht kategorisch ab, bezeichnete eine "Steuersenkung nur auf Pump" jedoch als grob fahrlässig und riskant. Er forderte Bundeskanzler Schröder auf, sich von seinem "völlig überforderten Finanzminister Eichel" zu trennen und den Abbau von Subventionen anzugehen. Grünen-Fraktionschefin Ise Thomas hält Becks Äußerung zu einem möglichen Verfassungsverstoß für "ziemlich abenteuerlich". Mainz habe keinerlei haushaltspolitische Linie mehr. Bund und Länder müssen laut Thomas an verfassungsgemäßen Haushalten festhalten.

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