Verhängnisvoller Trend

Der CSU-Familienbonus bei den Renten ist im Gegensatz zu den halbgaren Versprechungen von CDU oder SPD immerhin ehrlich: Er räumt ein, dass jeder Euro, den man für die dringend notwendige Familienförderung ausgeben will, von jemand anderem bezahlt werden muss.

Da ist Stoiber mutiger als seine Polit-Kollegen, die angesichts der Tatsache, dass in den meisten deutschen Haushalten eben keine Kinder leben, feige herumeiern. Was die CSU vorschlägt, wäre eine spürbare Entlastung für alle, die Kinder aufziehen. Und doch ist es ein Schritt in die falsche Richtung. Denn das Konzept folgt dem verhängnisvollen Trend, gesamtgesellschaftliche Aufgaben einer Teilgruppe aufzubürden. Dass die Deutschen mehr Kinder in die Welt setzen, liegt im Interesse aller. Das Rentensystem braucht Zahler, die Wirtschaft braucht Käufer und Arbeitskräfte, das Gesundheitssystem braucht Junge und Gesunde. Eine Gesellschaft, die vergreist, geht kaputt. Das hat wenig mit Moral zu tun. Die Entscheidung pro oder contra Kind ist und bleibt individuell und unangreifbar. Aber die Allgemeinheit hat ein Interesse, dass sich möglichst viele für "pro" entscheiden. Die Schaffung von Bedingungen, die diese Entscheidung erleichtern, muss also von der Gesamt-Gesellschaft getragen werden - nicht nur von der Gruppe der Rentenzahler, zu der längst nicht alle gehören, die Interesse an mehr Nachwuchs haben. Materielle Verbesserungen für Familien sind logischerweise über das Steueraufkommen zu finanzieren. Noch wichtiger aber wäre, dass alle sich auch strukturell an der Schaffung kinderfreundlicher Bedingungen beteiligen müssen. So lange Wohnraumbesitzer und Reiseveranstalter Familien gnadenlos abzocken, so lange Arbeitgeber familien-engagierte Mitarbeiter aufs Abstellgleis schieben, so lange Kirchen und Kommunen Kindertagesstätten schließen - so lange wäre es grotesk, für diese ganzen Fehlentwicklungen die Gruppe der kinderlosen Rentenversicherten zahlen zu lassen. d.lintz@volksfreund.de

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