Verkehrsminister Dobrindt gibt den Prozesshansel

Brüssel · Am Donnerstag beginnt der nächste Akt im Schauspiel um die Einführung einer PKW-Maut in Deutschland. Dann wird die EU-Kommission bekannt geben, dass sie die zweite Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zündet.

Brüssel. Schon ein paar Tage später, dann wird die EU-Kommission das sogenannte begründete Mahnschreiben in der Sache an das Bundesverkehrsministerium schicken. Wesentlicher Inhalt: Die EU-Kommission erklärt, warum sie die Maut für einen schweren Verstoß gegen EU-Recht hält.
Es gibt viele Argumente gegen die Mautpläne von Dobrindt. Etwa den bürokratischen Aufwand. Erst soll jeder inländische Autofahrer die Maut bezahlen, um sie dann über die Kraftfahrzeugsteuer auf Euro und Cent wieder zurückzubekommen. Rechte Tasche, linke Tasche. Im Streit zwischen Brüssel und Berlin geht es aber nicht darum. Die EU-Kommission wirft Dobrindt nur eine Sache vor: Dass seine Maut nämlich eine Benachteiligung für ausländische Autofahrer wäre. Damit verstoße er gegen EU-Recht.
Eigentlich wollte Dobrindt seine Maut Anfang dieses Jahres starten lassen. Doch wegen des Vorstoßes aus Brüssel hat er sie erst einmal auf Eis gelegt. Damit aber nicht genug. Dobrindt beschimpft immer wieder die EU in der Sache. Er wirft der Kommission vor, Deutschland-Diskriminierung zu betreiben. Dobrindt gibt sich sehr selbstbewusst: "Brüssel spielt auf Zeit." Deutschland werde doch ohnehin einen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewinnen.
Die Europa-Schelte findet EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gar nicht lustig. Die Kommission schlägt Dobrindt vor, schlicht auf die Verrechnung der Mautgebühr mit der KFZ-Steuer zu verzichten. Klar müsse aber sein: Es darf nicht zu einer "Verschlechterung der Position ausländischer Verkehrsteilnehmer" kommen.
Aber warum gibt Dobrindt so stur den Prozesshansel? Warum schlägt er jeden Vorschlag der Kommission für einen Dialog in der Sache aus? In Brüssel wird darüber spekuliert, dass es dafür wohl zwei Gründe gibt. Zum einen wird darauf verwiesen, dass Zeit eine Rolle spielt. Ein Urteil vom EuGH bekommt man nicht so schnell. Im Schnitt vergehen derzeit zwei Jahre, bis die Richter eine Entscheidung fällen. Das heißt: Wenn es glatt läuft, gibt es im Sommer 2018 ein Urteil. Die nächste Bundestagswahl ist aber schon im Herbst 2017. Was danach passiert, ist offen. Damit zusammen hängt ein zweites mögliches Motiv des Ministers: Vielleicht hat er längst die Lust daran verloren, die Maut umzusetzen. So unausgegoren wie die Pläne sind. Sein Kalkül könnte sein: Den Schwarzen Peter für das Scheitern der Ausländer-Maut an Brüssel zu geben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort