Verkehrsrüpel sollen europaweit büßen

Brüssel · Wer sich im Ausland als Verkehrsrowdy aufführt, hat künftig schlechtere Chancen, ungestraft davonzukommen. Wenn am 6. Mai eine überarbeitete EU-Richtlinie in Kraft tritt, gelten verschärfte Bedingungen. Die EU-Staaten haben dann Zugriff auf alle Kraftfahrzeugregister.

Brüssel. Ismail Ertug weiß selbst, wie unterschiedlich intensiv Verkehrssünder in Europa verfolgt werden. Der SPD-Europaabgeordnete aus Bayern, mit einem in Deutschland zugelassenen Auto unterwegs, weiß von der laxen Handhabung in Belgien.
Die Niederlande wiederum, die ein Abkommen mit der Bundesrepublik haben, verschicken oft Briefe. Auch das Elsass, wo Ertug zu Straßburger Plenarsitzungen weilt, arbeitet eng mit den deutschen Behörden zusammen. Und die Strafen für Verkehrsvergehen in Frankreich sind nicht nur empfindlich - der Eifeler Fachanwalt Wolfgang Ferner berichtet von Mandanten, die für zwei km/h zu viel 120 Euro zahlen sollten - sie werden auch in Deutschland vollstreckt. Andere Staaten machen das anders. "Deswegen", sagt Ertug, "machen wir jetzt aus den bilateralen Verfahren eine europäische Lösung."
Es wird mehr Knöllchen geben


Das Europaparlament verabschiedet heute eine Neufassung der Richtlinie über den innereuropäischen Datenaustausch. Vom 6. Mai an gelten dann verschärfte Bedingungen für europäische Autofahrer, weil alle Mitgliedstaaten Zugriff auf alle Kraftfahrzeugregister erhalten. Erstmals mit von der Partie sind Briten, Iren und Dänen - allerdings erst nach einjähriger Übergangszeit.
Wer etwa die Londoner Citymaut nicht zahlt, muss mit einem Knöllchen rechnen. "Das kann richtig teuer werden", sagt Ferner. Schon für den Mautverstoß fielen 800 Pfund an. Je länger man wartet, desto teurer wird\'s. Wer den Strafzettel einfach wegwirft und danach in Großbritannien angehalten wird, kann aus dem Verkehr gezogen werden. "Auch deutsche Behörden können das Fehlverhalten eines deutschen Bürgers im Ausland dann ahnden", sagt der Grüne Michael Cramer, Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Zwingend freilich ist das aber noch nicht. Die verpflichtende Durchsetzung soll erst in einem nächsten Schritt 2016 geregelt werden.
Mehr Knöllchen aber wird es geben. Eigentlich galt die neue Richtlinie schon seit Ende 2013. Doch es gab Rechtsunsicherheit, da die EU-Kommission gegen die vorherige Abmachung vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt hatte. Nun ist klar, dass alle mitmachen müssen.
Falschparken wird dabei auch in Zukunft nicht grenzüberschreitend geahndet. Es geht um Delikte wie zu schnelles Fahren, Alkohol, Drogen oder auch Handys am Steuer oder überfahrene rote Ampeln. Von welcher Höhe an Bußgelder eingetrieben werden, hängt dabei von den jeweiligen nationalen Regeln ab.
Das Aus für die "relative Straffreiheit der ausländischen Autofahrer" soll die Zahl der Toten und Verletzten im Straßenverkehr reduzieren. Einer Studie zufolge sind es vor allem Ausländer, die zu schnell unterwegs sind.Extra

Falschparker haben wegen der neuen EU-Richtlinie nichts zu fürchten. Denn Parksünden werden im Ausland weiterhin nicht geahndet. Sehr zum Leidwesen der Stadt Trier, wo insbesondere Luxemburger immer wieder durch ihre kreative Parkplatzsuche auffallen: vor der Ausfahrt, auf dem Bürgersteig, zu nah am Zebrastreifen, im Halteverbot. Das weiß man auch im Großherzogtum. So berichtete die luxemburgische Zeitung l\\'Essentiel kürzlich ausführlich, was passiert, wenn ein Luxemburger in Trier derart falsch parkt: Nichts. Zwar finden die Falschparker eine Verwarnung hinter ihrem Scheibenwischer, auch erhalten sie bei wiederholten Verstößen Post aus Trier. Aber "eine zwangsweise Eintreibung im Ausland ist nicht möglich", sagt Ralf Frühauf vom Trierer Presseamt. Trotzdem bekommt die Stadt so manchen ausländischen Parkrüpel an den Wickel. Ganz einfach, indem sie Fahrzeuge, die besonders störend geparkt sind, abschleppen lässt. Zu den Kosten für den Transport (mindestens 75 Euro) gesellen sich dann jene für das Knöllchen und für alle offenen Sünden der Vergangenheit. Ähnlich ergeht es auch Trierern, die sich in Luxemburg nicht an die Regeln halten. Wer dort mehrfach falsch parkt, muss damit rechnen, dass eine Kralle ihn irgendwann am Wegfahren hindert. Und dann ebenfalls für frühere Fehler büßen. kahExtra

Luxemburg will noch dieses Jahr härtere Strafen für Raser einführen. Das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit soll mit vier statt zwei Punkten Abzug auf dem in Luxemburg gültigen Punktekonto bestraft werden. Beim wiederholten Verstoß werden sogar sechs - statt bisher vier - Punkte abgezogen. Dasselbe Strafmaß soll bei Fahren unter Drogen-, Arzneimittel- oder Alkoholeinfluss (über 1,2 Promille) gelten. Das alles gilt auch für die rund 160 000 Grenzgänger: Jeder bekommt einen Punkteführerschein, sobald er wegen eines Verkehrsvergehens verurteilt wurde oder ein Knöllchen zahlen musste. Hat ein Grenzgänger zwölf Punkte aufgebraucht, wird ihm wie den Luxemburgern der Führerschein abgenommen. In Deutschland darf er weiterfahren. tgbl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort