Verletzte werden künftig geortet

Mainz · Jemand hat einen Autounfall gehabt und ist schwer verletzt. Er schafft es mit letzter Kraft, den Notruf zu wählen, kann aber nicht mehr reden. In solchen Momenten sind die Leitstellen hilflos. Sie wissen nicht, wo das verwundete Opfer liegt, können ihm nicht helfen. Künftig soll das anders werden.

Mainz. Ein neues Kommunikationssystem ermöglicht künftig die grobe Ortung von Menschen, die bei einem Autounfall verletzt worden sind und den Notruf wählen - aber nicht mehr sprechen können. Die Daten der Funkzelle werden mit dem Notruf übermittelt. Damit grenzt sich die Suche nach dem Unfallopfer auf einen Radius zwischen 200 und drei Kilometern ein. Rheinland-Pfalz baut eine neue Infrastruktur für Feuerwehren, Polizei und Rettungsdienste. Sie soll die Notfallhilfe sicherer machen.
Zehn-Millionen-Euro-Projekt


Am Freitag erfolgte der Startschuss für das Zehn-Millionen-Euro-Projekt im Polizeipräsidium Mainz. Die österreichische Branchengröße Frequentis (Kunden in 110 Ländern) baut das System. Das Unternehmen mit Sitz in Wien hat sich von einer Mini-Firma zum zeitweiligen Weltmarktführer für Kommunikationssysteme der Flugsicherung gemausert und beschäftigt rund 1100 Mitarbeiter. Die Rechnerkapazitäten kommen vom Landesbetrieb Daten und Information (LDI), dessen Geschäftsführer Matthias Bongarth den Kontrakt maßgeblich verhandelt hat. Und die eigentliche Projektsteuerung liegt bei Dittmar Fuchs, dem Leiter der Autorisierten Stelle Digitalfunk BOS im Land.
Die Vorteile des neues Systems: Es bietet eine Art Überlastungsschutz. Die Leitstellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten können so vernetzt werden, dass keine von ihnen im Katastrophenfall überfordert ist. Eingehende Anrufe werden einfach zu den nicht so stark belasteten Leitstellen weitergeleitet. So geht kein Anruf, der über die 110 oder 112 eingeht, verloren.
"Das neue System bedeutet mehr Sicherheit für den Bürger", erklärte Innenstaatssekretärin Heike Raab (SPD). "Wir beschleunigen die Alarmierung." Ziel ist nach Aussage der Sozialdemokratin, "eine einheitliche Notrufstruktur für den gesamten Digitalfunk im Land zu schaffen".
Das System wird zunächst im Polizeipräsidium Mainz installiert. Dort entsteht in zwei Jahren die Blaupause für die anderen Leitstellen. Bis 2018 sollen die acht integrierten Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst sowie die fünf polizeilichen Leitstellen nach und nach umgerüstet werden. Als zweites Pilotprojekt in der Anfangsphase dient die Integrierte Schaltstelle in Ludwigshafen.
Die neue Technik wird beim LDI integriert. Dort steht das Rechenzentrum, über welches das Kommunikationssystem künftig betrieben wird. Transportiert werden die sensiblen Daten über das zertifizierte rlp-Netz. Dieses Herzstück der Landes-Informationstechnologie ist ein flächendeckendes, hochverfügbares Kommunikationsnetz, das der Datenkommunikation der rheinland-pfälzischen Landesverwaltung dient und dabei über 350 Dienststellen verbindet. LDI-Geschäftsführer Bongarth: "Die Notruftechnik wird sicher geführt, zumal wir alles mit einer eigenen Verschlüsselungstechnik versehen, so dass niemand reinschauen kann." Eine Anspielung auf den transatlantischen Abhörskandal.

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