Verrückte Zweibeiner

Hand aufs Herz: Wann haben Sie zum letzten Mal eine falsche Zahl in den Computer eingegeben oder etwas vergessen? Gestern erst, passiert doch jedem mal, denken Sie? Natürlich tut´s das und im Normalfall ist die Korrektur auch kein Problem. Es sei denn, sie sind Landwirt und dieses Missgeschick ereilt sie ausgerechnet dann, wenn sie die Registriernummer eines kleinen oder großen Rindviechs in die Spezial-Datenbank HIT eingeben. Dort sind Geburts- und Schlachtdaten aller Tiere registriert, ein falscher Fingerschnipp und schon ist das Chaos da. Eine umfangreiche Fahndung setzt ein, so als jage man einen Schwerverbrecher. Aber sei's drum, was tut der Gesetzgeber samt einem Heer von Bürokraten nicht alles, um den Deutschen Michel vor Ungemach zu bewahren. Im Moment läuft die Fahndung wieder besonders intensiv. Tausende von Ministerialbeamten, Veterinären, Datenfachleuten, Polizeibeamten, Staatsanwälten fahnden nach ein paar tausend Tieren, die angeblich oder tatsächlich nicht auf BSE getestet wurden. Für die meisten dieser Fälle gibt es eine einleuchtende Erklärung, ein paar Schwarzschlachtungen sind auch dabei und was bleibt ist das, was die Strafverfolgungsbehörden kriminelle Energie nennen. Will heißen: Ein paar ganz Oberschlaue haben sich wieder einmal nicht an die Regeln gehalten. Keine Frage, diese Fälle sind lückenlos aufzuklären, wenn nötig sind rechtliche Konsequenzen zu ziehen. Aber wegen dieser paar Nasen eine derartige Wallung zu veranstalten ist typisch deutsch und es ist absolut absurd. Allein die Erörterung der weltbewegenden Frage, ob ein Rind, das am Schlachttag seinen zweiten Geburtstag feiert, denn schon zwei Jahre alt wird und mithin auf BSE getestet werden muss oder nicht, ist schon deshalb total verrückt, weil in den meisten anderen EU-Staaten erst ab 30 Monaten Lebenszeit überhaupt untersucht wird.Dennoch sehen sich reihenweise Minister und Staatssekretäre genötigt, Stellungnahmen abzugeben. Was sagt uns das: Derzeit gibt es in diesem Land mehr verrückte Zweibeiner, als es je BSE-kranke Kühe gegeben hat. d.schwickerath@volksfreund.de

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