Verständlich, aber nicht klug

Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, wie kompliziert die Dinge im Nahen Osten durch den Sieg der radikalen Hamas bei den Parlamentswahlen in den Palästinensergebieten geworden sind. Wie soll Israel, wie sollen Amerika und Europa mit der Organisation umgehen, die ja immerhin bei demokratischen Wahlen eine klare Mehrheit errungen hat?

Wer aber Wahlen will, der muss auch die Ergebnisse akzeptieren, selbst wenn sie dem Westen so gar nicht schmecken. Das ist die eine Seite. Wahr ist aber auch, dass es sich bei der Hamas um eine radikale, äußerst gewaltbereite Gruppierung handelt, deren erklärtes Ziel es ist, den Staat Israel zu vernichten. Was also tun? Israels erste Reaktion, Millionen von Dollars, die den Palästinensern zustehen, einzufrieren, ist verständlich, klug ist sie nicht. Das ist Wasser auf die Mühlen all derer, die den Israelis ohnehin jeden Willen zu einem gerechten Frieden absprechen. Die Hamas lässt sich nicht isolieren, man kann sie finanziell nur schwer ausbluten. Wenn nach den Israelis auch die Europäer und die Amerikaner ihre Hilfen einstellen, werden sich Geldgeber in Saudi-Arabien oder dem Iran finden, um die Lücken zu schließen. Eine weitere Radikalisierung wäre ebenso die Folge wie der völlige Verlust aller Möglichkeiten, mäßigend Einfluss zu nehmen. Es gibt durchaus Zeichen, dass jenseits aller verbalen Kraftmeierei auch bei der Hamas ein Funken Realitätssinn übrig geblieben ist. Das Angebot auf langjährige Waffenruhe mit Israel ist so ein Zeichen. Kluge, stille Diplomatie ist jetzt gefragt. Wer den Frieden im Nahen Osten wirklich will, der sollte auf starke öffentliche Auftritte verzichten. d.schwickerath@volksfreund.de

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