Verteidigungsminister in akuter Aufklärungsnot

Der offenbar raue Umgangston auf dem Marineschulschiff Gorch Fock ist nun auch nach Berlin übergeschwappt: Die Angriffe der Opposition gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg werden schärfer. Der CSU-Politiker wiederum keilt kräftig zurück.

Berlin. Politisch fährt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg derzeit weiter in stürmischer See. Am Mittwoch muss er dem Verteidigungsausschuss Auskunft geben. Außer zu den Vorfällen auf dem Segelschulschiff soll er dort auch zum versehentlichen Todesschuss auf einen Soldaten in Afghanistan und zum Öffnen von Feldpost aus dem afghanischen Einsatzgebiet Stellung nehmen.

Wiederholter Vorwurf: Minister handelt sprunghaft



Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr geht nach einer ersten Untersuchung nicht von einer systematischen Öffnung von Feldpostbriefen in Afghanistan aus. Allerdings sei noch zu prüfen, ob es Unregelmäßigkeiten auf dem Postweg in Deutschland gegeben habe.

Der Opposition geht es allerdings längst nicht mehr nur um die Aufklärung der konkreten Fälle, sondern auch darum, wann der Minister wie reagiert hat. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, betont, er habe schon im Dezember im Verteidigungsausschuss Marineinspekteur Axel Schimpf nach den Hintergründen des tödlichen Unfalls einer Offiziersanwärterin auf der Gorch Fock und nach Gerüchten über eine Meuterei gefragt. Der Vizeadmiral habe damals mit dem Hinweis auf "emotionale Spannungen" abgewiegelt. Die Opposition will deshalb nun wissen, ob der Inspekteur seinem Minister ebenfalls nichts gesagt hat. Das wäre eine schwer nachvollziehbare Schlamperei. Und wenn Guttenberg doch im Bilde war, stellt sich die Frage, warum er geschwiegen hat und der Vorgang erst jetzt untersucht wird. Kritisch beurteilt Arnold auch die Absetzung des Kapitäns der Gorch Fock, Norbert Schatz. Die Entlassung sei "ein Stück weit ein Bauernopfer". Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Jürgen Trittin, sagt, zuerst verbitte sich Guttenberg jede Vorverurteilung, wenige Stunden später suspendiere er den Kommandanten nach Hinweisen einer Boulevard-Zeitung. "Das ist kein Führungsstil, das ist beliebig", so Trittin. Der Vorwurf, Guttenberg handle sprunghaft und auf Druck der Medien, steht damit wie schon während der Kundus-Affäre im Raum.

Der Minister für Klartext steckt also in erheblicher Aufklärungsnot, denn er muss jetzt nicht mehr nur das Verhalten anderer erklären, sondern auch das eigene. Die Entscheidung zur Absetzung des Gorch-Fock-Kapitäns sei sachgerecht und notwendig gewesen, verteidigt sich Guttenberg. Manche Stellungnahme dazu sei Ausdruck "bemerkenswerter Ahnungslosigkeit". Der Kommandant sei weder gefeuert, noch geschasst oder rausgeworfen worden. Ihn aber vorläufig von seinen Aufgaben zu entbinden, sei die beste Maßnahme - "auch in seinem Sinne".

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