Vertrauen ist gut, Transparenz besser

360 Prüfer des Medizinischen Dienstes der gesetzlichen Krankenkassen schwärmen ab Mai aus, um die 11 029 stationären und 11 500 ambulanten Einrichtungen der Altenpflege in Deutschland auf Herz und Nieren zu untersuchen. Am Ende bekommt jede Einrichtung eine Note von Eins, sehr gut, bis Fünf, mangelhaft. Wie bei der Stiftung Warentest.

Berlin. Die Zensuren sollen im Internet für jeden einsehbar sein, so dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen das für sie beste Angebot in der Umgebung aussuchen können. "Ein Quantensprung für die Betroffenen", meint der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes, Peter Pick, gestern in Berlin.

Ende vergangenen Jahres einigte sich der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) mit den Trägern der Pflegeeinrichtungen über Kriterien für die Prüfung. 64 Einzelfaktoren wurden für die stationären Einrichtungen vereinbart. Die meisten, 35, zielen auf die pflegerische und medizinische Betreuung, weitere auf den Umgang mit Demenzkranken, die Alltagsgestaltung und die Hygiene. Interessierte erfahren nicht nur die durchschnittliche Gesamtnote, sondern können sich die Werte jedes einzelnen Kriteriums ansehen. Anders als die Stiftung Warentest verzichtet der Medizinische Dienst darauf, bei besonders schlechten Werten in einer wichtigen Kategorie generell ein "Mangelhaft" zu geben, sondern bildet immer eine Durchschnittsnote. Das bei der Stiftung Warentest "Führt zur Abwertung" genannte Verfahren könne hier nicht greifen, hieß es, denn fast alle Bereiche seien wichtig. Bei der ambulanten Pflege gilt ein ähnliches System, allerdings mit anderen Kriterien.

Ein Wermutstropfen ist, dass es auch künftig nicht eine einzige deutschlandweite Internetadresse für diesen Qualitätstest geben wird, sondern 16 verschiedene. Die Veröffentlichung ist nämlich Sache der Landesverbände der Pflegekassen. Pro Prüfung werden Kosten von 4500 Euro veranschlagt, die aus Mitteln der Pflegeversicherung bezahlt werden. Die ersten Veröffentlichungen sollen erfolgen, wenn in dem betreffenden Bundesland mindestens 20 Prozent der Einrichtungen geprüft sind, denn als Vergleich zur Note der jeweiligen Einrichtung soll auch die Durchschnittsnote des Landes angegeben werden. Der GKV-Spitzenverband rechnet damit, dass es im Spätsommer nach und nach mit den Internetveröffentlichungen losgehen kann.

Je zwei Experten nehmen Einrichtung unter die Lupe



Ergänzt wird die Prüfung, bei der jeweils zwei Experten die Einrichtungen mehrere Tage lang genau unter die Lupe nehmen und mit zehn Bewohnern intensiv reden, durch eine Befragung aller Patienten. Die Note, die die Betroffenen vergeben, wird ebenfalls ausgewiesen, fließt aber in das Expertenurteil nicht ein. Hintergrund der Maßnahme sind Klagen über zum Teil gravierende Mängel in den Pflegeeinrichtungen. Mit der Pflegereform von 2008 wurde die Möglichkeit geschaffen, Prüfergebnisse zu veröffentlichen. "Vertrauen ist gut, Transparenz ist besser", sagte Pick, der sich von dem Verfahren einen "Wettbewerb um die beste Qualität" erhofft. Ende 2010 sollen alle Pflegeeinrichtungen einmal geprüft worden sein und Noten haben, ehe dann erneute Überprüfungen in jährlichem Turnus beginnen.

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