Viel Asphalt heißt viel Naturschutz: 57 Millionen Euro fließen in Biotope rechts und links der B 50 neu

Wittlich/Longkamp · Bäche, die über Brücken fließen, neue Feuchtbiotope, Apfelbäume und Schmetterlingswiesen: 57 Millionen Euro fließen als Ausgleich für den Bau des Hochmoselübergangs in Naturschutzprojekte. Der TV hat sich vor Ort angesehen, was mit dem Geld passiert.

 Die Brücke über die künftige B 50 neu ist fertig. Deshalb kann der Verkehr auf der B 269 wieder fließen. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Die Brücke über die künftige B 50 neu ist fertig. Deshalb kann der Verkehr auf der B 269 wieder fließen. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Ein Falke rüttelt über dem Wall der neuen B 50, die sich als weithin sichtbares Band durch die Landschaft der Wittlicher Senke zieht. Selbst ohne die umstrittene Hochmoselbrücke wäre dies ein gewaltiges Straßenprojekt. Fast 300 Fußballfelder Landschaft werden auf dem 25 Kilometer langen Straßenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Wittlich und Kommen unter Asphalt begraben oder zu Wällen, Böschungen und Straßengräben umgeformt.
Ein erheblicher Eingriff in die Natur, der gemäß Bundesnaturschutzgesetz und Baugesetzbuch nicht folgenlos bleiben darf. Ein beachtlicher Teil der Kosten für das Großprojekt Hochmoselübergang entfällt daher auf sogenannte Ausgleichsmaßnahmen.
57 Millionen Euro werden laut Edeltrud Bayer, Leiterin des Landesbetriebs Mobilität, rings um den Hochmoselübergang für Naturschutz ausgegeben. Die Fläche, um die es dabei geht ist mit 600 Hektar (840 Fußballfelder) um ein Vielfaches größer als der eigentliche Straßenkörper.
Ein Großteil des Gelds (25 Millionen Euro) fließt in zwölf mit Bäumen und Sträuchern bepflanzte Brücken, die es Tieren ermöglichen soll, die neue B 50 zu überqueren. Die meisten davon liegen auf der waldreichen Hunsrückseite. Sie alle sind - obwohl die Verbindung zwischen Eifel und Hunsrück erst 2018 befahrbar sein wird - bereits fertiggestellt. "Das Wild soll sich früh genug an die neuen Querungsmöglichkeiten gewöhnen können", sagt Bayer.
Dass das Prinzip funktioniert, zeigt ein ähnliches Bauwerk, das am Wittlicher Kreuz über die A 60 führt. Dort lichtet eine Wildkamera regelmäßig Hasen, Wildkatzen, Füchse oder Rehe ab. Auch Fledermäusen sollen die Grünbrücken beim Überqueren der Straße helfen. Für Amphibien wurden Röhren unter der B 50 hindurch verlegt. Stählerne "Leitplanken" sorgen dafür, dass sie nicht versehentlich vor Autoreifen hüpfen. Ein Spezialzaun, der weder untergraben noch überklettert werden kann, hindert Katzen, Hasen, Dachse und Wildschweine daran, auf die Fahrbahn zu laufen. Und an zwei Stellen werden sogar Bäche über Brücken von der einen auf die andere Seite geleitet. "Das war für uns Neuland", sagt Bayer. Doch es scheint zu funktionieren. Wolfstrapp, Binsen und Mädesüß wachsen nun in dem feuchten Graben des Bächleins, das neben einer Straße hoch über der B 50 fließt.
Für den Erwerb der neuen Naturschutzflächen waren 15 Millionen Euro fällig. Was aus diesen wird, ist beispielhaft von dort aus zu sehen, wo der Falke seine Runden zieht. Wo Bauern früher Mais anbauten, liegt nun ungedüngtes Grünland, gleich nebenan fliegen Schmetterlinge über eine Streuobstwiese, im Wittlicher Tal wurden neue Hecken gepflanzt und unweit der noch unfertigen B 50 wachsen im Jahr 2011 gepflanzte Buchen, Eichen und Kirschen zu einem Laubwald heran.
Auch neue Biotope sind entstanden: So findet sich unter der neuen Bieberbachtalbrücke statt Beton ein Feuchtgebiet, in dem Seggen und Schilfrohr gedeihen. Gleichzeitig dient das Gelände dem Hochwasserschutz für den Ort Platten. Auch an der umstrittenen Riesenbrücke sind Maßnahmen geplant, die den Schaden für die Natur schmälern sollen: So wird der neue Tunnel, von dem die Autos auf die 160 Meter hoch gelegene Fahrbahn gelangen, wieder unter Erde begraben und mit Bäumen bepflanzt.
An dem Giganten aus Stahl und Beton, der das Moseltal zwischen Ürzig und Zeltingen-Rachtig künftig beherrschen wird, ändert all dies freilich nichts. Ein Anblick, den die einen als Frevel am Moseltal empfinden, während andere ehrfurchtsvoll staunen. Aus seiner Position in der Luft müsste der Falke die ersten fertigen Pfeiler sehen können. Doch konzentriert er sich ganz auf eine Stelle unweit des Straßenwalls. Vielleicht auf der Suche nach einer Maus, die in das neue Wiesenbiotop neben der B 50 eingezogen ist.

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