Viele Akten, dünne Beweise - Verteidiger fordert Freispruch für Ex-Chef der Trierer Handwerkskammer

Koblenz/Trier · Die Vorwürfe wegen Subventionsbetrugs seien nicht haltbar, sein Mandant müsse freigesprochen werden: Das hat am Freitag der Rechtsanwalt des ehemaligen Chefs der Trierer Handwerkskammer gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Geldstrafe von 33 000 Euro plädiert. Das Urteil soll kommende Woche fallen.

Koblenz/Trier. Achtfachen Betrug und Subventionsbetrug in Höhe von insgesamt 880 000 Euro hatte die Staatsanwaltschaft Hans-Hermann K., der von 1975 bis 2008 der Trierer Handwerkskammer als Hauptgeschäftsführer vorstand, ursprünglich vorgeworfen. Und einen großen Teil der Anklagepunkte mittlerweile eingestellt - offenbar, weil die beiden Staatsanwälte selbst nicht mehr daran glauben, die Taten auch nachweisen zu können.

Übrig geblieben sind falsch abgerechnete Handwerksmeister-Arbeitsstunden im geförderten HWK-Projekt "Kompetenzzentrum Komzet nachhaltiges Renovieren und Sanieren". K. habe davon gewusst, dass Arbeitsstunden der Handwerksmeister für die Förderung angemeldet wurden, obwohl das nicht zulässig gewesen sei, hatte Staatsanwalt Wolfgang Bohnen in seinem Plädoyer behauptet und eine Geldstrafe von 33 000 Euro gefordert (TV vom Dienstag)."Bitte hier unterzeichnen"


Gut 1,5 Stunden Zeit nimmt sich Rechtsanwalt Philipp Grassl für sein Plädoyer, das streckenweise nachvollziehbar ist. Etwa, wenn er auf mögliche Erinnerungslücken der Zeugen hinweist, die seinen Mandanten belasten. Schließlich liegt das Komzet-Projekt mehr als zehn Jahre zurück. Einiges scheint allerdings auch wenig plausibel. Zum Beispiel, dass K. die ihm vorgelegten - falschen - Anträge für Fördermittel in Sekundenschnelle unterschrieben habe. "Überall dort, wo gelbe Zettel klebten ,bitte hier unterzeichnen'", führt Grassl aus. K. sei somit zwar organisatorisch für die Unterschriften zuständig gewesen. Inhaltlich habe er sich allerdings auf die Zuarbeit durch die Projektleitung verlassen.

Zudem sei er überzeugt gewesen, die Abrechnung der Meister sei - auch wenn diese nicht explizit für das Projekt freigestellt waren - so mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung als Fördergeldgeber abgesprochen gewesen.
Nicht haltbar sei die Anklage auch bei der behaupteten Schadenssumme. "Deren Höhe basiert auf nicht nachvollziehbaren Schätzungen", kritisiert Grassl.

Die Aussagen der Zeugen, die K. belastet haben - zum Beispiel der ehemalige Trierer Polizeipräsident Manfred Bitter in seiner Zeit als HWK-Hauptgeschäftsführer von 2009 bis 2016 - seien zudem spekulativ gewesen und teilweise falsch. Und in dem Protokoll eines Gesprächs, bei dem diskutiert wurde, ob und wie die Handwerksmeister im Projekt abgerechnet werden dürften, werde sein Mandant zwar genannt. "Er war allerdings nicht dabei - sein Name muss versehentlich in das Protokoll hineingeraten sein."
Sein Mandant habe sich nicht strafbar gemacht, er habe keinen Subventionsbetrug begangen. "Hohes Gericht, sprechen Sie Recht, sprechen Sie K. frei", appelliert Grassl schließlich an die fünfte große Strafkammer des Koblenzer Landgerichts."Zehnjähriger Alptraum"


K. selbst hat das letzte Wort: "Die vergangenen zehn Jahre waren für mich ein Alptraum. 2007 musste ich entdecken, dass es falsche Abrechnungen in der HWK gab, ab März 2008 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen mich, danach schickte die Kammer mich in den vorzeitigen Ruhestand - unter der Androhung, mich andernfalls fristlos zu entlassen. Zwei Steuerstrafverfahren gegen mich wurden angestrengt, die Kammer erhob sechsmal Anzeige wegen des Verdachts der persönlichen Bereicherung - alles hat sich nicht bewahrheitet. Dann das lange Ermittlungsverfahren und der lange Prozess. Ich bin froh, dass dieser Alptraum jetzt endlich zu Ende geht."
Das Urteil soll am Donnerstag, 19. Januar, um 11 Uhr gesprochen werden.

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