Viele offene Fragen

Die Tragödie begann vor einem Jahr. An Pfingsten 2003 zog Nicole Clerf erst bei ihrem langjährigen Lebensgefährten Oliver L. aus, trennte sich einige Monate später ganz von ihm und ging schließlich eine neue Beziehung ein.

Weil das ihr Ex-Partner offenbar nicht verwinden konnte, tötete Oliver L. die Person, die er über alles liebte. Der Fall beschäftigte über Wochen eine ganze Region, nicht nur wegen der tagelangen Suchaktion nach der zunächst noch vermissten jungen Frau, sondern - nach Olivers Festnahme - auch wegen der tragischen Hintergründe. Ein halbes Jahr später bringt sich Nicoles mutmaßlicher Mörder um - ein paar Stunden, bevor dem 29-Jährigen im Trierer Landgericht der Prozess gemacht werden soll. Auch das ist tragisch, selbst wenn einige in der Bevölkerung nun etwas anderes sagen oder denken mögen. Auch im Selbstmordfall Oliver L. muss die Frage gestellt werden: Musste es so weit kommen? Hätte wirklich kein Psychologe, kein Anwalt und kein Beamter merken können, dass der junge Mann offenkundig doch nicht fertig wird mit der Last seiner Tat? Dass ihn sein Schuldgefühl so sehr bedrückt, dass er letztlich keinen anderen Ausweg mehr sieht, als sich selbst das Leben zu nehmen? Warum wurde Oliver L., dem nach der Festnahme zunächst eine psychische Ausnahmesituation und dann Selbstmordgefährdung bescheinigt wurde, in eine Einzelzelle gelegt und nicht mit einem anderen Gefangenen zusammen? Warum sind in Trierer Zellen Stromkabel "auf Putz gelegt" und offenbar mühe- und geräuschlos zu entfernen? Viele offene Fragen gibt es auch noch im Mordfall Nicole Clerf. Ein ordentlicher Prozess gegen Oliver L. wäre schon allein deshalb wichtig gewesen, um mehr zu erfahren über die Hintergründe der Tat und die Motive des Täters. Antworten darauf wird es keine mehr geben. Oliver L. hat sein Geheimnis mit ins Grab genommen. r.seydewitz@volksfreund.de

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