Viele ungeklärte Stör-Manöver

Vor dem Trierer Amtsgericht beginnt heute der mit Spannung erwartete Prozess gegen den ehemaligen Leiter der Saarburger Rotkreuz-Wache. Der 48-Jährige soll den Rettungsfunk-Verkehr im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet monatelang gestört haben.

Trier. Würde Helmut Reusch die Ermittlungsakten in der sogenannten Funk-Affäre heute vor sich auf dem Tisch stapeln, wäre der Vorsitzende Richter dahinter nicht mehr zu sehen. Ein 5000 Seiten umfassender Aktenberg hat sich angesammelt, seit Staatsanwalt Eric Samel vor gut einem Jahr mit den Ermittlungen begann und gleich für einen Paukenschlag sorgte.Von Mordversuch ist keine Rede mehr

Wegen versuchten Mordes kam der als Drahtzieher verdächtigte Leiter der Saarburger DRK-Wache in Untersuchungshaft. Zwei Wochen saß der damals 47-Jährige hinter Gittern, ehe das Trierer Landgericht den Haftbefehl aufhob und den Familienvater auf freien Fuß setzte. Von einem Mordversuch ist in der im Herbst vergangenen Jahres vorgelegten Anklageschrift Samels keine Rede mehr. Die Staatsanwaltschaft wirft dem nach Bekanntwerden der Vorwürfe fristlos gefeuerten DRKler mittlerweile "nur" noch insgesamt fünf Fälle von versuchter beziehungsweise vollendeter Körperverletzung vor. Der Grund: Der ehemalige Rettungswachenleiter soll durch die Störung des Funkverkehrs zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass der luxemburgische Rettungshubschrauber später am (deutschen) Einsatzort eintrifft und den Patienten somit auch erst verspätet geholfen werden kann.Das angebliche Motiv des Mannes: Rache. Zudem soll der 48-Jährige laut Anklageschrift befürchtet haben, dass der Einsatz des luxemburgischen Rettungshubschraubers womöglich zu Stellenabbau beim Deutschen Roten Kreuz führe.Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Seine Verteidigerin Ruth Streit übte in der Vergangenheit bereits mehrfach deutliche Kritik an den Ermittlungen der Trierer Staatsanwaltschaft: "Da passt vieles vorne und hinten nicht zusammen." Dieses Eindrucks konnten sich im Laufe der Ermittlungen selbst neutrale Beobachter nicht erwehren. Weil klar ist, dass der Angeklagte nicht für alle der insgesamt rund 30 Funk-Störungen verantwortlich sein kann, es also auf jeden Fall andere Täter geben muss, leitete die Staatsanwaltschaft zwischendrin Ermittlungsverfahren gegen 20 Rotkreuzler ein - wegen versuchten Mordes. Die Verfahren sind längst wieder eingestellt, ein möglicher anderer Täter oder Mittäter ist nicht gefunden. Heißt aber auch: Für rund zwei Dutzend Stör-Manöver gibt es keine Erklärung.Staatsanwalt Samel ist Rettungsassistent

Verteidigerin Ruth Streit kündigte bereits an, "die Anklage im Prozess zu zerpflücken". Die hat mit Eric Samel übrigens ein Staatsanwalt verfasst, der mit dem Metier bestens vertraut ist: Der 33-jährige Jurist ist ausgebildeter Rettungsassistent, schiebt in seiner Freizeit regelmäßig Dienst auf einer saarländischen Rettungswache.Für den heute beginnenden Prozess vor dem Trierer Amtsgericht sind zunächst sechs Verhandlungstage anberaumt. "Das wird nicht reichen", meinen Insider. Am heutigen Donnerstag wird der Angeklagte gehört, Zeugen sind erst für den zweiten Verhandlungstag geladen.

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