Voll im Trend und voller Tücken

TRIER. Das Bild auf den Straßen der Region bekommt in den letzten Wochen zunehmend bunte Tupfer. Offene vierrädrige Fahrzeuge, irgendwo zwischen Motorrad, Traktor und Geländewagen angesiedelt, sind der Renner der Saison. Aber die aus Amerika stammenden Quads bergen erhebliche Risiken.

"Papa, können wir das Kinder-Auto kaufen?" Der winzige rote Flitzer am Eingang des Konzer "Kaufmarkts" zieht die Blicke des kleinen Jungen geradezu magisch an. 1849 Euro steht einladend auf dem Preisschild neben dem "Rex 50"-Quad. Ein knuffiges, straßentaugliches Fahrzeug zum Einpacken und Mitnehmen: So präsentieren sich die Mode-Vierräder, auch ATV ("All Terrain Vehicles") genannt, keineswegs nur in Fachgeschäften. Aber was wie ein originelles Spielzeug für Fun-Fahrer aussieht, hat auch eine andere Seite. Mehrere Tote innerhalb weniger Tage

Am 7. April überlebte ein 37-Jähriger in Neuwied seine Quad-Tour nicht. Bei Tempo 60 flog er aus der Kurve, brach sich das Genick. Am 10. April erwischte es eine junge Frau in Marl: Das Quad brach nach rechts aus und schleuderte gegen einen Metallzaun. Drei Tage später starb ein 52-Jähriger aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich, als sein Quad beim Wenden an einer Böschung abhob und sich überschlug. Drei Beispiele, aus dem Internet zusammengetragen, längst nicht vollständig. Eine ganze Reihe von Toten innerhalb weniger Tage: Kein Wunder, dass ADAC-Experten wie Herbert Fuss eine fatale Entwicklung voraussagen. Dass man die Quads "einfach so" mit dem Autoführerschein oder gar mit der für Jugendliche vorgesehenen Leichtfahrzeug-Erlaubnis fahren darf, erwecke einen "völlig falschen Eindruck" und suggeriere dem Nutzer, er benötige keine besonderen Kenntnisse oder Erfahrungen. Ein tödlicher Irrtum. Bei den meisten schweren Quad-Unfällen stellt die Polizei Fahrfehler als Ursache fest. Gerade das "leicht schwimmende Fahrverhalten", das die bayerische Verbraucherzentrale den Flitzern attestiert, setzt ein hohes Maß an Sensibilität und Können beim Fahrer voraus. "Frühestens nach 5000 Kilometern", so die Verbraucherschützer, reiche die Erfahrung, um ein Quad zu beherrschen. Auch der hohe Schwerpunkt und die Lenkung seien "sehr gewöhnungsbedürftig", sagt der Trierer Fahrlehrer Andreas Peters. Dazu kommt oft sträflicher Leichtsinn wie der Verzicht auf Helm und Sicherheitskleidung, gefördert durch fehlende rechtliche Vorschriften. Gerade erfahrene und organisierte Quad-Fahrer werben unter Neulingen für mehr Vernunft. "Denk daran: Du hast nur einen Kopf", steht beispielsweise mahnend auf der Homepage des Quad-Clubs Kassel, flankiert von abschreckenden Unfall-Bildern. Auch Thomas Press vom Fachgeschäft "Biker’s Dream", der einer Interessengemeinschaft Trierer Quad-Fahrer angehört, plädiert für einen vernünftigen Umgang mit dem Spaß-Fahrzeug. Aber ebenso gegen Vorurteile. Über Pfingsten war die Truppe auf Tour, um das gemeinsame Hobby zu pflegen. Die Trierer Quad-Fahrer seien keine jungen Wilden, versichert Press, sondern "querbeet" aus allen Altersgruppen. Auch Fahrlehrer Peters widerspricht der Vermutung, es seien vorwiegend Youngster, die für den wachsenden Quad-Fankreis sorgen. Er habe "noch keine einzige Führerschein-Nachfrage" von unter-18-jährigen Interessenten zu verzeichnen. Das könnte damit zusammenhängen, dass mit dem S-Klassen-"Lappen" für Minderjährige nur Quads bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 45 Stundenkilometern gefahren werden dürfen. "Das ist den meisten zu wenig", fasst die freundliche Verkäuferin im Kaufmarkt ihre Erfahrungen zusammen. Wer mehr will, muss allerdings auch ordentlich zahlen. Marken-Modelle für Erwachsene schlagen anders als die Mini-Versionen vom Supermarkt mit 5000 bis 10 000 Euro zu Buche. Dafür bringen sie reichlich PS und Geschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern. Aber bei falscher Handhabung auch das Ticket ins Krankenhaus oder auf den Friedhof.

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