Von Potsdam über Heiligendamm nach Bali

BERLIN. Die Umweltminister der großen acht Industrienationen und der fünf größten Schwellenländer treffen sich am Wochenende in Potsdam. Es geht um den Klimaschutz, konkrete Beschlüsse werden nicht erwartet.

Unter Klimagesichtspunkten ist das G8-Treffen wenigstens nicht allzu schädlich. Zwar sind die Teilnehmer weit geflogen, doch sind es mit weniger als 100 nicht die sonst in der Branche üblichen Tausenderzahlen. Aus den USA kommt kein Umweltminister angereist, den gibt es dort gar nicht. Den größten Emittenten weltweit vertritt der Chef der nationalen Umweltschutzagentur. Ob die Begegnung aber auch nützlich sein wird, außer für die brandenburgische Landeshauptstadt, die im Schloss Cecilienhof die wichtigste Konferenz seit dem Treffen der Siegermächte von 1945 feiert, ist eher fraglich. Jedenfalls, wenn man damit konkrete Beschlüsse meint. Zwar sitzen die Vertreter von zwei Dritteln der globalen Treibhausgasemissionen am Tisch, doch ist das Treffen nur eine Zwischenstation auf einem langen Weg, der im Juni weiterführt zum Cheftreffen der G8 in Heiligendamm und dann im November zur Klimakonferenz auf Bali. Dort erst soll es um den Start eines neuen Verhandlungsprozesses nach dem 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll gehen. Potsdam soll etwas für ein anderes Klima tun - das untereinander. Es gehe um einen offenen Austausch, betont als Gastgeber der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel. Und UN-Umweltdirektor Achim Steiner ergänzt: "Die Haltung, wir machen nichts, weil ihr nichts macht, muss aufhören." Notwendig sei gegenseitiges Vertrauen. Das ist mit dem CO2-Ausstoß nämlich nicht mitgewachsen. Europa hat zwar mit seinen Beschlüssen ein "enorm wichtiges Signal" gegeben, wie Steiner lobt, andere aber warten ab. Die USA lehnen feste Reduktionsziele generell ab, auch, weil sie wirtschaftliche Nachteile gegenüber den Tigerstaaten China, Indien, Brasilien, Mexiko oder Südafrika befürchten. In diesen Ländern wiederum, die in Potsdam dabei sind, verweist man darauf, dass der derzeitige Klimawandel von den Industrienationen gemacht wurde. Man erwartet von ihnen zuerst eine Umkehr und auch Hilfen bei den Folgen der schon eintretenden Katastrophen. China immerhin ist neuerdings bereit, ab 2030 über eine Verringerung seines Kohlendioxid-Ausstoßes nachzudenken. Aus Indien gibt es nicht einmal solche Signale. Und allen ist das Misstrauen gemeinsam, mit dem Klimaschutz wollten die satten Volkswirtschaften sie bloß beim Wachstum ausbremsen. Steiner und Gabriel sind als Mediatoren gut geeignet. "Es wäre ein Gegenbeweis gegen die Angst der Entwicklungsländer", sagt Gabriel zum Beispiel, "wenn wir ihnen bei den Verhandlungen über den freien Welthandel klar entgegenkämen." Und Steiner, dessen Amtssitz Nairobi ist, weiß viel über die Realität außerhalb der Industrienationen. "Dass Brasilien die Abholzung des Regenwaldes um 52 Prozent reduziert hat, ist ein Riesenschritt und kaum bekannt. Und auch nicht die großen Aufforstungsprogramme in China." Das sei auch Klimaschutz. Wenn es in Potsdam gelingen sollte, zwischen Schwellenländern und Industrienationen mehr Vertrauen zu schaffen, bliebe bis Heiligendamm und Bali aber immer noch das Problem USA. "Ohne Amerika wird es keinen internationalen Klimakonsens geben", ahnt Steiner.

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