Von wegen gesund

TRIER. Wo "gesund" draufsteht, ist oft bei weitem nicht nur Gesundes drin: Kinderlebensmittel enthalten meist viel Fett und Zucker.

In Sachen Süßigkeiten hat es die Werbung leicht, denn Kinder lieben Süßes über alles. Und den Eltern wird mit Schlagwörtern wie "Extraportion Milch", "gesunde Vitamine" oder "knackige Haselnüsse" eingeredet, sie würden der Gesundheit ihrer Sprösslinge auf die Sprünge helfen, wenn sie die eigens für Knirpse komponierten Schokoladen und Schnitten, Riegel und Drops einkaufen. Und gegen das schlechte Gewissen der Eltern, mal wieder nicht konsequent gewesen zu sein, hilft dann der Werbespruch von diesem oder jenem Nährstoff, der die angepriesene Süßigkeit angeblich so gesund macht. "Und Naschen ist gesund" - Aussagen wie dieser ursprüngliche Slogan eines Bonbonherstellers sind zwar längst verboten, doch kann man auch leicht auf die heutigen juristisch genau abgezirkelten Werbeaussagen hereinfallen. Die Broschüre "Gesundheitskost - gesunde Kost?" der Verbraucherzentralen nennt unter dem Stichwort "Kinderlebensmittel" eine Reihe anschaulicher Beispiele. So sind spezielle Kinderjoghurts nicht nur überflüssig, weil auch "normaler" Joghurt ein nährstoffreiches und für Kinder geeignetes Lebensmittel ist. Die gerne hervorgehobene Anreicherung mit Vitaminen und Mineralstoffen täuscht darüber hinweg, dass solche Kinderprodukte auf Grund ihres hohen Zuckergehaltes eher als Süßigkeit denn als Milchprodukt einzustufen sind: Bis zu 17 Gramm Zucker (sieben Stück Würfelzucker) stecken in einem 125-Gramm-Becher. Ähnlich sieht es mit den bunten Frühstücks-Knusperkrümeln aus. Sie kommen als gesundes Frühstück ohne "Müsli-Image" daher, doch von den bis zu 50 Prozent Zucker pro Portion ist in der Werbung keine Rede. Auch hier ist das Urteil der Verbraucherzentralen eindeutig: nix Gesundkost, sondern Süßigkeit. Mit dem Image eines gesunden Pausenbrotes spielen Schnitten, die clever im Kühlregal bei den Milchprodukten platziert sind. Mit umgerechnet drei Stück Würfelzucker pro Portion und gerade mal einem Esslöffel Milch ist der Snack aber keine gesunde Zwischenmahlzeit, sondern Naschwerk. Ein Glas Milch bietet deutlich mehr Nährwert. Aber vielleicht tut es ja eine Schokolade, die verspricht, die "wichtigsten Bestandteile" aus "einem viertel Liter Milch" zu enthalten? Gewöhnlich bezieht sich diese Angabe auf 100 Gramm des Naschwerks, also auf eine ganze Tafel. Die liefert im Vergleich zu einem Viertelliter Milch vielleicht genau so viel Eiweiß und Calcium für die Knochen. Doch mit einer Tafel Schokolade verleibt man sich die vierfache Menge an Kohlenhydraten ein und das Dreifache an Fett und Kalorien. Das gesunde Milch-Image nutzen auch die Hersteller von Nuss-Nougat-Cremes. Die bringen angeblich "die Milch aufs Brot" oder enthalten "das Beste aus einem Drittelliter entrahmter Milch". Diese Werbeaussage erweckt den Eindruck, das Produkt liefere nicht nur wertvolle Nährstoffe, sondern sei auch fettarm. Beim Blick in die Nährwerttabelle ergibt sich ein ganz anderes Bild. Nuss-Nougat-Cremes bestehen zu rund 30 Prozent aus Fett und zu über 50 Prozent aus Zucker. Um an "das Beste" aus dem Drittelliter Milch zu gelangen, müsste man außerdem ein ganzes 400-Gramm-Glas leer löffeln. Süßes ist erlaubt - in Maßen und als Nascherei

Das wären zusammen 2160 Kalorien, 124 Gramm Fett und 212 Gramm Zucker, um an 520 Milligramm Calcium zu kommen. Etwa die gleiche Menge des wichtigen Knochenbaustoffes liefern ein knapper halber Liter Vollmilch und Vollmilchjoghurt oder gut 60 Gramm Gouda, die aber nur ein Siebtel der Kalorien sowie einen Bruchteil des Fettes und der Kohlenhydrate enthalten. Nun mag niemand Käse essen, wenn ihm nach "süß" zumute ist. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass Kinder hin und wieder solche Lebensmittel verzehren - in Maßen und natürlich. Und nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern als Nascherei. Verbraucherschützer bitten Eltern, Werbung, die sie für irreführend halten, zu melden - und zwar bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Stichwort Kinderwerbung, Postfach 4107, 55031 Mainz, Telefon 06131/28480, Fax 06131/284866, Email info@verbraucherzentrale-rlp.de.

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