Vor dem EU-China-Gipfel: Automobilhersteller sind betroffen von Fernost-Protektionismus

Wie ernst muss man die neue Freihandelsrhetorik von Peking nehmen? Vor allem die deutschen Autobauer beobachten den EU-China-Gipfel in Brüssel besonders aufmerksam. Sie sind alarmiert, weil die Regierung in China aller Freihandels-Rhetorik auf diplomatischem Parkett zum Trotz in der Praxis immer noch auch ein recht schwieriger Partner ist.

Der heimische Markt wird immer noch gezielt geschützt, strategisches Wissen geschickt von der Konkurrenz in Europa abgesaugt. So müssen Hersteller und Zulieferer, bevor sie in China aktiv werden, immer noch Joint ventures mit chinesischen Unternehmen eingehen. Dabei, so die Erfahrung, fließt viel strategisches Wissen nach Fernost ab. Ein Branchenkenner: "Da sitzt immer ein Chinese dabei, der auf die Baupläne schaut."

So gibt es etwa den Plan in China, den Herstellern vorzuschreiben, einen bestimmten Anteil von Forschung und Entwicklung in China zu erledigen. Da ist die Sorge groß, dass es Peking da vor allem darum geht, im großen Stil know how abzugreifen.

Für Empörung bei der deutschen Automobilindustrie hat auch die Ankündigung aus Peking gesorgt, Quoten für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben einzuführen. Die chinesische Regierung hatte geplant, dass ab 2018 alle Hersteller auf dem chinesischen Markt mindestens acht Prozent der Neufahrzeuge rein Elektro- oder Hybridantrieb haben müssen. In den Jahren danach sollte der Wert um jeweils zwei Prozentpunkte steigen. Der Handelsexperte im Europaparlament, Daniel Caspary, hatte unmittelbar vor dem EU-China-Gipfel Peking dafür scharf kritisiert: "Die Diskussion um eine Quote für Elektrofahrzeuge ist ein offensichtliches Foul der chinesischen Führung." Inzwischen gibt es erste Signale aus Peking, dass die Quoten-Pläne entschärft werden sollen. Offenbar hatten auch chinesische Hersteller protestiert. Was genau nun geplant ist, ist noch nicht klar.
Vor allem die deutschen Autobauer hätte dies schwer getroffen. Zum einen verfügen sie noch nicht über so viele E-Modelle, zum anderen verdienen sie viel Geld mit dem Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren im gehobenen Segment.

Der chinesische Automarkt hat eine immer wichtigere Bedeutung für die deutschen Hersteller. In diesem Jahr wird damit gerechnet, dass dort 23 Millionen Fahrzeuge neu zugelassenen werden, weltweit liegt dieser Wert bei 85 Millionen Fahrzeugen. Deutsche Hersteller haben in China einen Marktanteil von 20 Prozent. Die deutschen Hersteller haben ihre Produktion in China seit dem Jahr 2000 um den Faktor 14 vergrößert.

Vor dem Hintergrund, dass die deutschen Autobauer in China gute Geschäfte machen, ist die Branche selbst sehr zurückhaltend gegenüber der chinesischen Regierung. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, woher ein Großteil unserer Gewinne stammt. Da macht ein Auftrumpfen keinen Sinn", heißt es in Branchenkreisen. Man müsse auch in Rechnung stellen, dass China in Handelsfragen deutlich offener sei als etwa der zweite große Markt in Asien, Indien. Die Politik dürfe daher nicht zu dogmatisch gegenüber China auftreten, heißt es von der Industrie. China öffne sich langsam, Schritt für Schritt. Grundsätzlich sollten die europäischen Partner von Peking eine Gleichbehandlung einfordern: "Es ist durchaus zu begrüßen, wenn chinesische Unternehmen in Europa Technologiefirmen wie etwa den Roboterhersteller Kuka kaufen." Was Unternehmen aus Fernost hier erlaubt sei, müsse dann aber auch umgekehrt für EU-Unternehmen in China möglich sein. Ziel müsse sein, dieses Prinzip der Reziprozität auf alle Bereiche der Handelspolitik mit China auszudehnen.

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