Vorbereitet auf die Welle

BERLIN. Um die Zukunft des Bildungssystems gibt es wieder Krach. Es geht um die Vorbereitungen der Länder auf die Studentenwelle. Ein Streit, der zugleich die Probleme der Förderalismus-Reform aufzeigt.

Auf die deutschen Hochschulen rollt eine Studentenwelle zu. Bis 2014 wird die Zahl von jetzt zwei Millionen Studierwilligen auf 2,7 Millionen steigen, ergeben Prognosen des Wissenschaftsrates. Wenn die Länder, die für die Bildung zuständig sind, sich nicht darauf vorbereiten, drohen bald überall Zugangsbeschränkungen und überfüllte Hörsäle. Vor diesem Hintergrund sind die große Koalition und die Länder jetzt offenbar doch bereit, dem Bund auch nach der Föderalismusreform noch ein finanzielles Eingreifen bei den Hochschulen zu gestatten. SPD-Chef Kurt Beck berichtete seinen Parteigremien gestern von einem Gespräch zwischen ihm, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) und Roland Koch (CDU) am Sonntagabend nach der Koalitionsrunde im Kanzleramt. Demnach ist eine Lockerung des "Kooperationsverbotes" für den Hochschulbereich möglich. Details wurden jedoch nicht besprochen. Hier liegen noch erhebliche Schwierigkeiten. Das Kooperationsverbot besagt, dass der Bund, dort wo die Länder künftig zuständig sind, wie etwa in der Bildung, keinen Einfluss nehmen darf, auch nicht indirekt mit Finanzhilfen. Dieses Verbot war von vielen SPD-Abgeordneten kritisiert worden, weil sie bildungspolitische Kleinstaaterei befürchteten. Die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für die Staatsreform schien gefährdet. Zuletzt hatten auch einige Landespolitiker, etwa Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD) eine Kooperation von Bund und Ländern bei den Hochschulen erlauben wollen. Stoiber und Koch signalisierten gestern, dass sie einer Änderung der Föderalismusreform an diesem einen Punkt zustimmen könnten. Nach den Zahlen des Wissenschaftsrates kommt auf die Länder für die Schaffung neuer Studienplätze mit Gebäuden und Personal ein Zusatzbedarf von in der Spitze 3,4 Milliarden Euro im Jahr zu. Ohne Bauinvestitionen sind es immer noch 2,2 Milliarden Euro jährlich, die etwa ab 2012 anfallen. Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), sagte, damit wären die Länder überfordert. Schon jetzt sei der Numerus Clausus ein "Ausdruck von Mängelverwaltung". Heftig kritisierte die Politikerin, dass einige Länder derzeit die Zahl der Studienplätze sogar noch verringern. So hat der Berliner Senat beschlossen, von 85 000 auf 79 000 Studienplätze herunterzugehen. Laut Wissenschaftsrat erfordern die geplanten neuen Bachelor- und Master-Studienabschlüsse einen besseren Personalschlüssel und damit ebenfalls mehr Geld. Es gibt aber auch Länder wie Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die sich schon auf die Studentenwelle einstellen und investieren. Sie befürchten nun, von Bewerbern aus Ländern mit Studienplatzmangel überrannt zu werden.

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