Vordenker auf Rückwärts-Kurs

Inseiner Partei gilt der rheinland-pfälzische CDU-Boss ChristophBöhr als Vordenker, als Politiker, der über den Tellerrandhinausschauen und Visionen entwickeln kann. Aus diesem Grund, undweil Christoph Böhr - anders als etwa Roland Koch oder FriedrichMerz - seiner Parteichefin nie gefährlich werden würde, hatMerkel den Trierer Mitte November zu ihrem Vize "gemacht". Seit diesem Zeitpunkt istChristoph Böhr noch etwas häufiger in den Schlagzeilen als zuvor. Doch mit Vordenken oder Visionen haben die meisten seiner Vorschläge nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Wer sich, wie Christoph Böhr diese Woche, vor den Frankfurter Polizei-Vize Wolfgang Daschner stellt und Verständnis für dessen Folter-Androhungen äußert, macht sich Forderungen von Stammtisch-Strategen zu eigen und ist kein Vordenker, allenfalls ein Rückwärts-Marschierer. Da Böhr auch noch der CDU-Grundwertekommission vorsteht, ist seine Solidaritätsbekundung doppelt peinlich. Als hätte sich der Christdemokrat damit noch nicht genug vergaloppiert, legte Böhr am Wochenende via "Welt am Sonntag" nach, forderte die Deutschen auf, ihr "Herz für Amerika" pochen zu lassen und sich am Telefon und in Briefen bei "unseren Freunden" für Schröder, Fischer und Co. zu schämen.

Ist das wirklich die Initiative eines Partei-Vordenkers? Ist Briefe schreiben oder Telefonieren tatsächlich visionär? Oder ist die Aktion "Herz für Amerika" nicht viel mehr als eine plumpe Schlagzeilen trächtige Aktion ohne Tiefgang? Wohl eher Letzteres.

Die Zeiten, in denen der Philosoph Christoph Böhr noch über den Tellerrand hinausschaute, sind offenbar vorbei.

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