Wahl von besonderem Kaliber

ALLENSBACH. Die Kommunalwahl am Sonntag in Rheinland-Pfalz-Pfalz wird auch von der bundespolitischen Gemengelage bestimmt. Davon gehtRenate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, aus. Im TV -Interview gibt sie sich überzeugt davon, dass ohnehin nur kommunalpolitisch Aktive auch ihre Wahlmöglichkeiten alle ausspielen werden. Der Großteil der Wähler werde wie bei einer Bundestagswahl wählen.

Am kommenden Sonntag sind in Rheinland-Pfalz nicht nur Europawahlen, sondern auch Kommunalwahlen. Können Sie uns das Stimmungsbild kurz skizzieren? Köcher: Im Moment schlägt in allen Bundesländern der Bundestrend sehr stark durch, sowohl die wirtschaftliche Situation wie auch die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung. Da gibt es kaum ein Bundesland, das sich diesem Trend entziehen kann. Das sieht man auch in Rheinland-Pfalz. Die Beunruhigung über die wirtschaftliche Lage ist groß, und die Rheinland-Pfälzer haben nicht das Gefühl, dass sich ihr Land besonders gut schlägt. Es ist auch große Skepsis da, ob es gelingt, den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu stärken, obwohl viele glauben, dass man mit den richtigen Maßnahmen die Arbeitslosigkeit mindern könnte. Wie sieht es mit der politischen Großwetterlage aus? Köcher: Sie ist seit längerem von der Unzufriedenheit mit dem Kurs der Bundesregierung geprägt. Das schlägt auch auf Rheinland-Pfalz durch, so dass es bei einer Landtagswahl mit Sicherheit zu einem Regierungswechsel käme, obwohl die Leute den Ministerpräsidenten sehr positiv bewerten. Nach Ihren Umfragen läge die CDU bei einer Landtagswahl klar vorn mit 45 Prozent der Stimmen. Die SPD läge bei 35 Prozent. Sind dafür nur Bundestrends ursächlich? Oder gibt eine Wechselstimmung im Land? Köcher: Im Land gibt es keine sehr ausgeprägte Wechselstimmung. Es gibt auch keine ausgeprägte Neigung zu sagen, die Landesregierung müsse bleiben. Ich interpretiere das so, dass die Landespolitik im Moment im Windschatten der Aufmerksamkeit liegt. Das liegt auch daran, dass man mitten in der Legislaturperiode ist. Abseits von Wahlen hat es die Landespolitik immer schwer, zur Kenntnis genommen zu werden. Insbesondere, wenn die Leute damit beschäftigt sind, bundespolitische Beschlüsse und außenpolitische Entwicklungen zu verdauen. Lässt sich dieses Stimmungsbild auch auf die Kommunalwahl übertragen?Köcher : Kommunalwahlen sind teilweise auch Personenwahlen, wo Einzelpersonen auch gegen den Trend reüssieren oder unterliegen können. Aber insgesamt kann man auch bei Kommunalwahlen sagen, dass sie stark bundespolitischen Einflüssen unterliegen, wenn es einen starken Trend gibt. Durch den großen Unmut über die Reformpolitik in Verbindung mit der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit sind die Leute beunruhigt und außerordentlich skeptisch. Kommunalwahlen sind immer ein besonderes Kaliber. Aber kommunalpolitisch wählen nur die kommunalpolitisch Verhafteten und Interessierten, während der Großteil der Bevölkerung nach einer festen parteipolitischen Vorstellung wählt - und dies nicht mit Blick auf die Kommunalpolitik. Sie haben die Popularität von Kurt Beck angesprochen. Demgegenüber ist die SPD ja weniger populär. Liegt der gute Eindruck von ihm an seiner Person oder an seiner Arbeit? Köcher: Das liegt einmal daran, dass er nicht in erster Linie als SPD-Mann, sondern losgelöst gesehen wird. Dafür wird er auch nicht mit in Haft genommen für die Unzufriedenheit mit der SPD. Er hat die Aura des Überparteilichen. Außerdem wird er als typischer Rheinland-Pfälzer empfunden. Überspitzt gesagt ist er die verkörperte Gonsbach-Lerche. Das ist positiv gemeint, er verkörpert Merkmale, in denen sich Rheinland-Pfalz selber erkennt. Diese Dinge reichen aber nicht aus, um die Partei aus dem Tief zu holen. Sie haben auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung abgefragt. Wofür erhält sie gute Noten, was wird kritisiert? Köcher: Die Wirtschaftsförderung wird stark kritisiert, da werde zu wenig gemacht. Außerdem kritisiert die Mehrheit die Sparpolitik, wobei nicht mal bestritten wird, dass gespart werden muss. Aber es werde an der falschen Stelle gespart. Bei den Kompetenzprofilen der Parteien bekommt die SPD überdurchschnittlich gute Noten für den Einsatz in der Region und in der Familienpolitik, wobei die CDU überdurchschnittlich gut abschneidet bei der Inneren Sicherheit und der Wirtschaftspolitik. Bei der Schul- und Bildungspolitik gehen beide gleich stark aus. Wenn es immer schwieriger ist, einen Kompromiss in der Bevölkerung zu finden und es Phänomene gibt, dass der Ministerpräsident besser abschneidet als seine Partei, wird dann nicht auch für Sie und Ihr Institut die Kunst der Prognose immer schwieriger? Köcher: Die Wähler sind natürlich sehr beweglich durch fehlende Bindungen an Parteien. Aber im Moment ist der Bundestrend sehr stabil. Da sind Prognosen auch nicht so schwierig. Das heißt aber nicht, dass wir nicht in wenigen Wochen in einer turbulenteren Phase sein könnten. Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sabine Schwadorf.

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