Gesundheit: Fragen & Antworten Wann gibt’s grünes Licht für die Ampel?

Trier · Verbraucherschützer fordern nicht zum ersten Mal eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln. Woran hakt es eigentlich?

 Kommt bald die rote Ampel für Dickmacher? Mit einer Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel sind diese Produkte am  3.Juni 2009 in Berlin auf einer Pressekonferenz zur Nährwertkennzeichnung ausgewiesen.

Kommt bald die rote Ampel für Dickmacher? Mit einer Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel sind diese Produkte am 3.Juni 2009 in Berlin auf einer Pressekonferenz zur Nährwertkennzeichnung ausgewiesen.

Foto: dpa/Rainer Jensen

Beflügelt durch Aussagen im Wahlprogramm der SPD unternehmen Verbraucherschützer einen neuen Anlauf für eine Ampelkennzeichnung auf Lebensmitteln. Der TV beantwortet die wichtigsten Fragen.

Für was stehen die Ampelfarben Rot, Gelb, Grün?

Die Lebensmittelampel zeigt den jeweiligen Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm beziehungsweise Milliliter eines Produkts. Eine rote Kennzeichnung bedeutet einen hohen Gehalt, gelb einen mittleren und grün einen niedrigen Wert. Wer zwei Produkte verschiedener Marken nebeneinanderhält, kann so auf den ersten Blick erkennen, welches Produkt mehr Fett oder Salz enthält.

Welche Angaben stehen schon jetzt auf den Verpackungen?

Was auf einer Verpackung stehen muss, ist gesetzlich geregelt. So informiert etwa ein Verzeichnis über die im jeweiligen Produkt enthaltenen Zutaten. Diese müssen in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils aufgelistet werden. Die Füllmenge gibt die enthaltene Menge des Produktes nach Stückzahl, Gewicht  oder bei Flüssigkeiten als Volumen  an. Die Nährwertkennzeichnung weist den Brennwert und die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz pro 100 Gramm oder Milliliter aus.

Welche weiteren Angaben stehen auf den Verpackungen?

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben geben manche Unternehmen freiwillig die Nährwerte für eine Portion oder eine Verzehreinheit an. Zudem gibt es zahlreiche Labels, die Informationen über die Qualität oder Herstellung von Lebensmitteln liefern. Einige dieser freiwilligen Labels müssen bestimmte festgelegte Kriterien einhalten. So darf etwa das Logo „ohne Gentechnik“ nur aufgedruckt werden, wenn das Produkt nachweislich keine gentechnisch veränderten Bestandteile enthält.

Wie sieht es mit einer speziellen Kennzeichnung für gesunde Lebensmittel aus?

Das Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitet derzeit nach eigenen Angaben eine sogenannte nationale Strategie für die Reformulierung von Lebensmitteln. Deren Ziel: veränderte Rezepturen für Lebensmittel mit weniger Zucker, Salz und Fett. Diese sollen dann „mit der Lebensmittelwirtschaft und dem Lebensmitteleinzelhandel auf freiwilliger Basis umgesetzt werden“, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums.

Was sagen Verbraucherschützer dazu?

Die Verbraucherorganisation foodwatch spricht angesichts der ihrer Ansicht nach unzureichenden Kennzeichnungsvorgaben für Lebensmittel von einem „jahrelangen Politikversagen“. Für Verbraucher sei es nach wie vor kaum möglich, auf den ersten Blick den Zucker- oder Fettgehalt von Produkten zu vergleichen. Wichtige Informationen wie Zutatenlisten und Nährwerte seien auf den Lebensmittelverpackungen kaum zu entziffern.

Wie sieht der unlängst von mehreren Lebensmittelkonzernen gemachte Verbesserungsvorschlag aus?

Große internationale Konzerne wie Nestlé (Wagner, Hertha, Nesquik), Coca-Cola oder Unilever (Knorr, Du darfst, Botteram) haben im vergangenen Jahr einen Vorstoß für eine „weiterentwickelte Farbkennzeichnung“ für Lebensmittel angekündigt. Die Kennzeichnung soll europaweit und einheitlich eingeführt werden. Verbraucherschützer sind allerdings skeptisch. Die Organisation foodwatch  nennt die Initiative der Lebensmittelkonzerne irreführend. Sie zielt nach Angaben einer Sprecherin nur darauf ab, möglichst wenige Produkte mit der Warnfarbe Rot zu kennzeichnen.

Wie sehen die Regelungen in anderen Ländern aus?

In Großbritannien gibt es schon seit über zehn Jahren eine Lebensmittelampel auf freiwilliger Basis. Die dortige Lebensmittelbehörde FSA hat in wissenschaftlichen Studien und Anhörungen Kriterien für die Festlegung der Ampelfarben entwickelt und diese in den vergangenen Jahren mehrfach verändert. Bei den Verbrauchern genießt die Ampel nach Umfragen hohe Akzeptanz. Seit 1. November gibt es auch in Frankreich eine fünfstufige Nährwert-Ampel – ebenfalls auf freiwilliger Basis.

Warum ist die Industrie in Deutschland so  skeptisch?

Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft (BLL) kritisiert, mit dem Ampelsystem sei eine zutreffende Einordnung eines Produkts und seiner Bedeutung für die Gesamt­ernährung nicht möglich, weil zentrale Informationen nicht berücksichtigt würden. Zudem trage die farbliche Bewertung einiger weniger Nährstoffe eines Lebensmittels nicht zum besseren Verständnis einer ausgewogenen Ernährung bei, sagte eine BLL-Sprecherin unserer Zeitung. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Kriterien für die Farbumschläge seien willkürlich festgelegt worden. „Denn die Verbraucher wissen nicht, ab wann etwas noch grün, schon gelb oder gar rot ist“, sagt die Verbandssprecherin.

Und wie geht es jetzt in Deutschland weiter?

Im aktuellen SPD-Wahlprogramm steht, dass sich die Sozialdemokraten beim Thema Ernährung für „leicht verständliche Kennzeichnungen wie die Nährwert-Ampel und eine klare Herkunftsbezeichnung“ einsetzen. Ob sich das Ganze in den jetzt anstehenden Sondierungsgesprächen und womöglich Koalitionsverhandlungen mit der Union niederschlägt, wird sich zeigen. Falls ja, könnte die Lebensmittelampel noch in dieser Legislaturperiode auch in Deutschland eingeführt werden.

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