Was wäre, wenn ... Wulff am Ende doch hinschmeißt?

Berlin · Spekulationen über mögliche und unmögliche Nachfolger: Seit die Affäre um Bundespräsident Christian Wulff immer weitere Kreise zieht, sprießen Spekulationen um mögliche und unmögliche Nachfolger. Schließlich ist noch nicht ausgemacht, ob Wulff die Krise wirklich übersteht.

Berlin. An potenziellen Anwärtern auf den Einzug ins Berliner Schloss Bellevue herrscht kein Mangel. Die allermeisten davon wären jedoch mit großen (Wahl-)Risiken behaftet. Als Wulff im Juni 2010 von der Bundesversammlung zum Staatsoberhaupt gekürt wurde, verfügten Union und FDP noch über 21 Stimmen mehr, als für die absolute Mehrheit erforderlich war. Trotzdem wurde Wulff erst im dritten Wahlgang gewählt.
Durch verlorene Landtagswahlen ist der schwarz-gelbe Vorsprung inzwischen von 21 auf maximal vier Stimmen geschrumpft. Nur eine Handvoll Abweichler aus den eigenen Reihen genügte jetzt also, um Angela Merkel zu blamieren. Daraus folgt: Die Bundeskanzlerin muss nach einer Persönlichkeit Ausschau halten, die auch für SPD oder/und Grüne akzeptabel wäre.
Ursula von der Leyen (CDU) gehört nicht dazu. Die Bundesarbeitsministerin war bereits 2010 heiße Favoritin im Kandidaten-Rennen, lief aber ausschließlich auf "Unionsticket". Außerdem hat Merkel sie selbst zur Kandidatin zweiter Wahl gemacht, weil sie Wulff vorzog.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wurde ebenfalls schon für den Posten des Staatsoberhaupts gehandelt. Der Badener genießt zwar auch bei der Opposition Respekt, aber bei der FDP hat er sich wegen seiner Blockade gegen spürbare Steuersenkungen kaum Freunde gemacht. Auch bei ihm würde die Wahl für Merkel zum Vabanque-Spiel. Zudem ist Schäuble als politischer Manager der Schuldenkrise praktisch unverzichtbar.
Als präsidiabel darf zweifellos auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gelten. Doch liegt sein Fall ähnlich wie der von Schäuble. Lammerts querköpfige Art, angefangen von Zweifeln an der Rechtssicherheit des Atom-ausstiegs bis hin zu seiner Kritik an Karl-Theodor zu Guttenberg, hat viele Parteifreunde verprellt.
Einen wahren Coup könnte Merkel indes mit der Aufstellung des einstigen DDR-Bürgerrechtlers Joachim Gauck landen. Der war 2010 von SPD und Grünen nominiert worden. Aber auch im schwarz-gelben Lager gab es für Gauck viel Sympathie. Eine breite Mehrheit wäre diesem Personalvorschlag jedenfalls sicher. Das gilt auch für den Fall, dass sich die Kanzlerin auf den ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) besinnen würde. Ihn hatten SPD und Grüne 2010 noch vor Gauck für eine Kandidatur angefragt, aber Töpfer verzichtete, um seine eigene Partei nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Auch dort hält man große Stücke auf den engagierten Ökologie-Politiker. Im Vorjahr war Töpfer übrigens Gastredner auf einem grünen Parteitag. Damit wäre er auch ein schwarz-grünes Signal, was angesichts der Schwindsucht des liberalen Koalitionspartners sicher nicht von Nachteil für Merkel wäre.
Fazit: Niemand ist unersetzlich. Auch nicht Christian Wulff.

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