Was weiß Finanzminister Deubel?

Ohne Geld aus öffentlichen Kassen sollte das Projekt "Nürburgring 2009" auskommen, als es im Mai 2004 vorgestellt wurde. Fünf Jahre später zeichnet sich ab, dass fast 75 Prozent der 250 Millionen Euro vom Land getragen werden.

 Spektakel am Nürburgring: Nicht nur die Formel 1 soll künftig massenweise Besucher anlocken. Foto: Archiv/Nürburgring GmbH

Spektakel am Nürburgring: Nicht nur die Formel 1 soll künftig massenweise Besucher anlocken. Foto: Archiv/Nürburgring GmbH

Mainz. Das Werben privater Geldgeber für die Realisierung der ehrgeizigen Pläne in der Eifel treibt die Verantwortlichen seit Beginn an um. Sie suchen und suchen und suchen. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) wertete es im Mai 2004 als "überzeugendes Konzept", wie die legendäre Rennstrecke zu einem ganzjährigen Freizeit- und Geschäftszentrum erweitert werden soll. Damit sollen 500 Arbeitsplätze geschaffen sowie die 600 bestehenden und die 2500 im Umfeld gesichert werden. Eines Tages sollen auch die Verluste aus der Formel 1 (pro Rennen zehn Millionen Euro) ausgeglichen werden. Investoren sehen die Sache offenbar anders, jedenfalls fanden sich keine von Gewicht. Nur die Mediinvest GmbH aus Düsseldorf wagte das Risiko.

Massive Unterstützung für den Investor



Bei der Finanzierung des Großprojekts erfolgten sukzessive Korrekturen. Zunächst war von einer 20-prozentigen Anschubfinanzierung des Landes die Rede. Dann hieß es, 50 Prozent der Mittel kämen aus Steuertöpfen. Ende 2007 war alles anders: Die Nürburgring GmbH, an der das Land zu 90 Prozent und der Kreis Ahrweiler zu zehn Prozent beteiligt sind, sollte 135 Millionen Euro stemmen und Privatinvestor Mediinvest 80 Millionen. Fünf Monate vor der geplanten Eröffnung am 11. Juni hat sich herausgestellt, dass auch diese Prognose verfehlt war. Jetzt wird die Nürburgring GmbH wohl 156 Millionen, der Investor 94 Millionen in die Hand nehmen müssen.

Wie TV-Recherchen ergaben, wird der Investor vom Land über Tochtergesellschaften finanziell unterstützt. Dabei hatte Mediinvest-Chef Kai Richter noch im September 2007 öffentlich behauptet: "Von Subventionen halte ich nichts." Folgende Hilfen sind vereinbart:

Die Nürburgring GmbH hat einen Kredit von drei Millionen Euro gewährt.

Die landeseigene Investitions- und Strukturbank (ISB) stellt im Rahmen eines Konsortialkredits elf Millionen Euro zur Verfügung.

Die ISB-Tochter Rheinland-Pfälzische Gesellschaft für Immobilien und Projektmanagement mbH (RIM) hat sich offenbar mit einer Kapitaleinlage von 29 Millionen Euro an einer Gesellschaft beteiligt, die zur Umsetzung des Mediinvest-Projekts "Eifeldorf Grüne Hölle" gegründet wurde. Sie heißt Motorsport Resort Nürburgring GmbH mit Sitz in Kirsbach.

Aus mehreren Gründen ist der Drei-Millionen-Kredit der Nürburgring GmbH an den Investor aus Düsseldorf besonders bemerkenswert. Zum einen muss sich die Nürburgring GmbH selbst mehr als 100 Millionen Euro bei Banken leihen, um den 156 Millionen teuren Erlebnis-Boulevard mit neuer Haupttribüne und eine Veranstaltungshalle zu bauen. Zum anderen sind die Fragen offen, ob die Kreditgewährung dem Geschäftszweck der Nürburgring GmbH entsprach, worin die von Finanzminister Ingolf Deubel öffentlich verkündeten "Sicherheiten" bestanden und warum das Geld binnen vier Wochen wieder zurückfließen soll. Ferner ist zu klären, wer genau die drei Millionen Euro wofür bekam und wer den Kredit genehmigt hat. Dies kann wohl nur im Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH erfolgt sein. Was weiß Deubel? Bislang hat er mal mit Verweis auf das Bank-, mal auf das Geschäfts- und mal auf das Steuergeheimnis geschwiegen. Die Mediinvest GmbH soll ihn nun vom Bankgeheimnis befreit haben.

CDU und FDP wollen am Donnerstag im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss sowie im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags nachbohren. Die Union hat das Projekt "Nürburgring 2009" stets befürwortet, aber zuletzt die hohe staatliche Bezuschussung kritisiert. Die Liberalen verlangen Aufklärung über die finanziellen Transaktionen, die hinter den Kulissen erfolgten. Ihre Vorahnung: "Der Ausbau des Nürburgrings zu einem Freizeitzentrum beginnt für den Finanzminister zu einem Waterloo zu werden." EXTRA Die Nürburgring GmbH:Aufsichtsrat: Finanzminister Ingolf Deubel (Vorsitzender, SPD), der Ahrweiler Landrat Jürgen Pföhler (Stellvertreter, CDU), Wirtschafts-Staatssekretär Carsten Kühl, Ex-Staatssekretär Roland Hertel (beide SPD). Hauptgeschäftsführer: Walter Kafitz. Aufgabe: den Motorsport, die Verkehrssicherheit und den Tourismus in der Region fördern und motorsport-affine Firmen ansiedeln. Finanzen: Stammkapital: 13,3 Mio. Euro (Land: 12 Mio, Kreis Ahrweiler, 1,3 Mio.). Jahresfehlbetrag 2005/2006: 9,67/40,2 Mio. Euro. Verlust-Rückstellungen in 2006 für 2007, 2009 und 2011: 23,8 Mio. Euro (für Formel-1-Rennen). Eigenkapital 2005/2006: 27,6 Mio. Euro/0. Beschäftigte: 67. (fcg)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort