Washington: US-Politiker nehmen Iraks Premier ins Visier

Die Beziehung zwischen den USA und der irakischen Regierung ist auf einem neuen Tiefpunkt. Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki wies in Damaskus Überlegungen Bushs scharf zurück, die Regierung in Bagdad wegen Erfolglosigkeit "auszutauschen".

Eine von mehreren unüberhörbaren Salven kam von der wohl chancenreichsten Kandidatin für die Bush-Nachfolge. Iraks Premierminister Nuri al-Maliki und dessen Regierung würden "nicht funktionieren und können keine politische Einigung herbeiführen, weil sie zu sehr von religiösen und ethnischen Gruppen abhängig sind", feuerte Hillary Clinton in Richtung Bagdad. Deshalb, so die Demokratin, unterstütze sie andere, die eine Auswechslung des irakischen Regierungschefs oder zumindest eine Debatte über dessen Bilanz forderten. Andere - das sind unter anderem ihr Parteifreund Carl Levin, der nach einer Irak-Reise al-Maliki für "unfähig erklärt hatte, oder auch der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker. Dieser sprach kürzlich von einer "extrem enttäuschenden Bilanz" al-Malikis.

Die Clinton-Attacke gegen al-Maliki kam nur wenige Stunden nach der Meldung von einem weiteren schweren Verlust der US-Truppen im Irak: Bei einem "Black Hawk"-Helikopterabsturz im Norden des Landes waren 14 Soldaten getötet worden.

Die in Washington eskalierende Debatte über seinen Kopf hat bei al-Maliki teilweise harsche Reaktionen hervorgerufen. Er könne Freunde auch anderswo finden, so der irakische Premier am Mittwoch auf einer Syrien-Reise, falls die Amerikaner ihm ihre Unterstützung entziehen würden. Niemand, so wetterte er, habe das Recht, seiner Regierung zeitliche Fristen aufzudrücken. Dass al-Maliki mit seiner Bemerkung auf den Iran und Syrien abzielte, was, dabei offensichtlich.

Die wachsende Kritik an al-Maliki vor allem durch US-Oppositionspolitiker wird in Washington als "Countdown" zu einem wichtigen Stichtag gesehen: Dem 11. September. Ausgerechnet an diesem geschichtsträchtigen Datum will nämlich die US-Regierung dem Auftrag des Kongresses folgen und einen Zustandsbericht zur Lage im Irak vorlegen, der von US-Botschafter Crocker und dem Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen im Irak, General David Petraeus, gemeinschaftlich verfasst wird.Alles Makulatur?

 Friedemann Diederichs

Friedemann Diederichs

Foto: (Bildarchiv Saarbrücker Zeitung)

Noch immer versucht George W. Bush der Welt weiszumachen, dass mit dem Feldzug im Irak auch das Heimatland sicherer gemacht werde. So wenig dieses Argument überzeugt, so wenig kann man auch davon ausgehen, dass die am 11. September erwartete Analyse den Kurs Bushs grundlegend verändern wird. Bush wird sich wohl kaum trotz aller Kritik seiner Geheimdienste zu einem Vertrauensentzug gegenüber Iraks Premierminister al-Maliki durchringen, weil dies einen Offenbarungseid für seine Politik bedeuten würde. Deshalb dürfte der Irak-Bericht kaum mehr als den Wert von Makulatur haben - und der US-Präsident nach der Devise weitermachen: Die US-Truppen bleiben im Irak, und der Lösungsauftrag für das Dilemma wird Anfang 2009 in den Schoß des Bush-Nachfolgers gelegt. nachrichten.red@volksfreund.de

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