Wege ins erfüllte Leben

TRIER. Sie sind arbeitslos, über 50 Jahre alt und haben zur Zeit einen Vollzeitjob: Bei der Handwerkskammer Trier werden 20 Frauen und Männer im Rahmen der Bundesinitiative "Perspektive 50plus" für den Wiedereinstieg ins Berufsleben fitgemacht.

"Ich stelle mich nicht mehr unvorbereitet vor, ich will mich auf sicherem Feld bewegen", sagt die Hotelfachfrau Eva Neumeier. Selbstkritisch und offen spricht die 57-Jährige im "Unterrichtsfach" Bewerbungstraining über ihre Erfahrungen in Vorstellungsgesprächen. Das Erstellen von professionellen Bewerbungsunterlagen bis hin zum Einüben, wie man sich und seine Arbeitskraft im Vorstellungsgespräch richtig "verkauft", sind wichtige und deshalb immer wiederkehrende Bausteine in dem dreimonatigen Trainingsprogramm, das Arbeitslosen über 50 den Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglichen soll.Auch die Standortbestimmung ("Wo stehe ich?"), Wege der Stellensuche, "meine Erfolgsstrategie", Kommunikationstraining, Arbeitsmethodik und EDV-Anwendungen stehen auf dem Lehrplan.

Bewerbungsgespräch als Rollenspiel

Heute befassen sich die Dozenten Christiane Haas und Reinhold Juny mit dem klassischen Rollenspiel Personalchef/Stellenbewerber. "Halten sie Blickkontakt, seien sie selbstbewusst, aber fallen sie dem anderen nicht ins Wort", rät die Dozentin. "Und machen sie es nicht wie Herr Ralffs, der dem Personalchef gleich mal provokativ klarmachte, was er in seinem Betrieb alles verbessern könnte. Schmunzeln im Karee, auch bei Herrn Ralffs, der selbst in der Runde sitzt und diese Geschichte zum Besten gegeben hat.

Die Gruppe kennt sich, sie ist seit Anfang November täglich acht Stunden in dem Schulungsräumchen der Handwerkskammer zusammen. Mittlerweile sind Freundschaften entstanden, sogar ein Paar hat sich gefunden. Wenn die 50- bis 57-Jährigen anfangen, ihre Geschichte zu erzählen, gibt es häufig Parallelen: Ausbildung, langjährige Festanstellung, dann der berufliche Absturz - unverschuldet. Arbeitslos durch Insolvenz oder Rationalisierungsbestrebungen der Firmen oder - wie im Fall einer Friseurin -, durch gesundheitliche Probleme. Sie konnte wegen einer Allergie ihren Beruf nicht mehr ausüben.

Nun möchte sie "schöne Dinge verkaufen" - in einem Geschenklädchen. "So richtig entdeckt hat sie das für sich, als sie zu Beginn des Kurses eine Collage aus Zeitschriften-Bildern gestaltet hat", sagt Referentin Haas. "Mein Weg zu erfülltem Leben" steht in großen Lettern unter der Bilderwand, die im Unterrichtsraum hängt.

Für die Kantine reicht das Geld nicht

In der Mittagspause halten sich Schulungsteilnehmer nebenan im Sozialraum auf, in dem eine Küchenzeile steht. Peter Walther und Robert Molz sitzen am Tisch, schmieren Brötchen und belegen sie mit Wurst. Für den regelmäßigen Besuch der Kantine reicht das Arbeitslosengeld II nicht. Hartz IV hat auch die finanzielle Situation des Berufskraftfahrers Leo Kullmann verschlechtert. 345 Euro bekomme er monatlich, zuzüglich Miete. "Wenn meine Mutter mir nicht ab und zu Kleidung kaufen würde, würde ich alt aussehen", meint der 52-Jährige. Über 30 Jahre lang hat der gelernte KFZ-Mechaniker Lastwagen gefahren, bis sein Chef vor zwei Jahren Insolvenz anmelden musste. Morgen würde er sofort wieder als Kraftfahrer anfangen, wenn ihm ein Job angeboten würde, sagt Kullmann.

Wie viele ältere Arbeitslose hat er Probleme, mit Anfang 50 schon aus der Arbeitswelt "aussortiert" zu werden. Die Qualifizierungsmaßnahme der Arbeitsagentur findet er gut, doch fühlt er sich auch vom Arbeitsamt unter Druck gesetzt. "Wenn wir nicht spuren, bekommen wir unsere Bezüge um 30 Prozent gekürzt", meint er. "Das haben die uns hier gleich bei der Begrüßung angedroht."

(Alle Namen der im Artikel erwähnten Arbeitslosen sind von der Redaktion geändert.)

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