Wegen falscher Spesenrechnungen entlassen

Trier · Eine Kündigung ist unwirksam, die zweite ist rechtens: Das Trierer Landgericht hat am Donnerstag bestätigt, dass der ehemalige Top-Manager der Unternehmens-Gruppe Reh, Hans-Jürgen Lichter, zu Recht entlassen wurde - wegen falscher Spesen- und Fahrtkostenabrechnungen.

 Das Gelände des ehemaligen Missionshauses St. Paul in Wittlich: Die Klostern Machern AG hat das Areal gekauft und später wieder verkauft. Dort soll unter anderem ein Mehrgenerationendorf entstehen. Das Bild zeigt das Gelände zu Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2011. TV-Foto: Portaflug Föhren

Das Gelände des ehemaligen Missionshauses St. Paul in Wittlich: Die Klostern Machern AG hat das Areal gekauft und später wieder verkauft. Dort soll unter anderem ein Mehrgenerationendorf entstehen. Das Bild zeigt das Gelände zu Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2011. TV-Foto: Portaflug Föhren

Trier. Der Vorwurf war eindeutig: Hans-Jürgen Lichter, bis März vergangenen Jahres Vorstandsvorsitzender der zur Unternehmensgruppe Reh gehörenden Kloster Machern AG, soll seinen Arbeitgeber bei einem Grundstücksgeschäft in Wittlich um Millionen geprellt haben. Er soll das ehemalige Klostergelände St. Paul im Auftrag der Kloster Machern AG, einem Tochterunternehmen der zum Konzern gehörenden Günther-und-Käthi-Reh-Stiftung, für eine Million Euro gekauft und später für drei Millionen Euro verkauft haben - unter anderem an die Grundstückentwicklungsgesellschaft St. Paul, an der Lichter beteiligt ist. Daher wurde dessen erst im Juni 2011 um fünf Jahre verlängerte Vertrag im März 2012 gekündigt. Dagegen klagte Lichter.
Als bei der ersten Verhandlung vor der Handelskammer des Trierer Landgerichts im August vergangenen Jahres erkennbar wurde, dass die Kündigung womöglich aus formalen Gründen nicht wirksam sein könnte, folgte seitens der Reh-Gruppe eine zweite Kündigung im September. Die Begründung diesmal: Lichter soll eine Buchhalterin der Reh-Gruppe angewiesen haben, eine Rechnung für ausgeführte Erdarbeiten an einer auf dem Klostergelände in Wittlich gebauten Kita auf ein anderes Projekt umzubuchen. Angeblicher Grund: Für die Kita soll zu dem Zeitpunkt noch gar kein Bauantrag gestellt worden sein.
Als Chef des ebenfalls zur Reh-Gruppe gehörenden Trierer Bürgervereins (TBV) soll Lichter eine Mitarbeiterin zum Schein bei einer Luxemburger Tochterfirma beschäftigt haben. Und er soll genehmigt haben, dass sie ihre Überstunden als Fahrtkosten abrechnen konnte.
Und genau diese falsche Überstunden-Abrechnung hat nun dazu geführt, dass die zweite Kündigung Lichters wirksam geworden ist. Das Trierer Landgericht sieht in den fingierten Spesen- und Reisekostenabrechnungen einen schweren Vertrauensbruch. Die erste Kündigung vom März vergangenen Jahres ist laut Gericht allerdings nicht wirksam. Und zwar aus formalen Gründen. Nach Ansicht der drei Berufsrichter der Handelskammer hat der Aufsichtsratsvorsitzende der Reh-Stiftung, Günther Passek, Vorstandsmitglied der Sparkasse Trier, nicht die Vollmacht des gesamten Aufsichtsrats gehabt, Lichter zu kündigen. Ein paar Tage nachdem Passek seinem Freund Lichter die Kündigung überbracht hatte, musste er selbst seinen Hut als Aufsichtsratschef nehmen. Weil er angeblich über die Grundstücksgeschäfte Bescheid gewusst haben soll, so die Vorwürfe der Reh-Gruppe.
Das Gericht hatte während der Verhandlung mehrmals Nick Reh, Vorstandssprecher der Stiftung, und Lichter vorgeschlagen, sich zu einigen. Doch Reh und seine Anwälte haben das abgelehnt. Das gestrige Urteil dürfte ihnen recht geben. Allerdings steht Lichter laut dem Gericht noch Gehalt zu - und zwar von März bis August, vom Zeitpunkt der für unwirksam erklärten Kündigung bis zu der laut Urteil rechtmäßigen Entlassung. Der ehemalige Küchenmeister Lichter hat nach TV-Informationen als Vorstandschef der Kloster Machern AG monatlich 15 000 Euro brutto verdient.
Nach TV-Informationen will die Reh-Gruppe den ehemaligen Top-Manager wegen Schadenersatz verklagen. Unter anderem wegen des Verkaufs des Areals von St. Paul zu angeblich überhöhten Preisen, wegen Planungen und Baumaßnahmen ohne Genehmigung und wegen der Abrechnung von privat veranlassten Reisekosten (es geht nach TV-Recherchen um eine Reise Lichters im Januar 2010 ins österreichische Ischgl, für die Lichter 554 Euro Übernachtungskosten geltend gemacht haben soll). Angeblich soll es sich um Schadenersatzforderungen im mittleren einstelligen Millionen-Bereich handeln, die Reh von Lichter einklagen will.
Lichters Anwalt Gerit Strothmann kündigte an, das Urteil anzufechten. "Herr Lichter hat gerade in Bezug auf die Fahrtkostenabrechnungen der Mitarbeiterin, die allein als Kündigungsgrund übrig geblieben sind, weder verdeckt noch eigennützig gehandelt, noch hat er der Gesellschaft einen Schaden zugefügt", so Strothmann. Lichter selbst zeigte sich nach dem Urteil "total entsetzt": "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte er unserer Zeitung. Das Gericht habe ausdrücklich festgestellt, dass er der Reh-Gruppe keinen Schaden zugefügt und er sich persönlich nicht bereichert habe. "Es ist Reh nur darum gegangen, mich zu entsorgen", sagt Lichter.Extra

Hans-Jürgen Lichter war Vorstandsmitglied der Günther-und-Käthi-Reh-Stiftung. Zu dieser Stiftung gehört unter anderem auch die Kloster Machern AG, deren Chef er war. Seit März 2012 ist Nick Reh Vorstandssprecher der Stiftung. wie

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