Weihnachtsmann für Steinmeier

SPD-Kanzlerkandiat Frank-Walter Steinmeier und Ex-Außenminister Joschka Fischer mussten sich gestern vor dem BND-Untersuchungsausschuss verantworten. Vor allem Fischer wirkte gelassen und schien die Anhörung auf die leichte Schulter zu nehmen.

Berlin. (vet) Auch der BND-Untersuchungsausschuss wollte sich bei seiner gestrigen Sitzung einer vorweihnachtlichen Beschaulichkeit nicht entziehen. Ausschuss-Chef Siegfried Kauder (CDU) hatte auf jedem Platz eine Tüte mit Gebäck und einem Weihnachtsmann stellen lassen. "Um die abzuholen, hätten sie mich nicht einladen müssen", scherzte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Doch die lockere Atmosphäre war nur von kurzer Dauer.

Bereits zum fünften Mal musste Steinmeier in dem Gremium zur Rolle der deutschen Geheimdienste im internationalen Anti-Terror-Kampf Stellung nehmen. Dabei war dem Spitzengenossen durchaus bewusst, dass es sein schwierigster Auftritt sein würde. Ging es doch um die Glaubwürdigkeit der früheren rot-grünen Bundesregierung bei der Ablehnung des Irak-Kriegs — und natürlich um seine eigene. Durch gegenteilige Äußerungen hochrangiger US-Militärs sind die Zweifel daran enorm gewachsen. Steinmeier war 2003, als die Amerikaner das Saddam-Regime gewaltsam stürzten, Kanzleramts-Chef und damit auch politisch für die deutschen Geheimdienste verantwortlich.

Glaubt man dem ehemaligen US-General James Marks, dann hatten die Erkenntnisse zweier BND-Mitarbeiter sogar "einen erheblichen Anteil daran gehabt, dass der Krieg früher begann". Steinmeier wies solche Darstellungen als "albern" und "aberwitzig" zurück. In einer halbstündigen Rede verwies der Minister auf eine klare Weisung an die Geheimen, "keine operativen Kampfhandlungen" der Amerikaner zu unterstützen. Und er habe keine Zweifel, dass sich der BND daran gehalten habe. Von der Kuschelatmosphäre bei früheren Vernehmungen war gestern nichts mehr zu spüren. Angesprochen auf die konkrete Aktenlage, wonach der BND auch Koordinaten von irakischen Stellungen gemeldet habe, flüchtete sich Steinmeier verärgert in Allgemeinplätze: Er sei "weder Sachbearbeiter des BND noch Militärexperte" gewesen. "Ich kann die Einzelinformation nicht bewerten". In früheren Darstellungen hatte Steinmeier immer den Eindruck erweckt, dass die US-Seite lediglich über zivile Einrichtungen in Bagdad informiert wurde, um deren Zerstörung zu verhindern.

Auch für Joschka Fischer, der in der fraglichen Zeit Außenminister war und gestern ebenfalls in den Zeugenstand treten musste, ging der BND-Einsatz im Irak völlig in Ordnung. Im Gegensatz zu Steinmeier wirkte der grüne Polit-Rentner allerdings locker und gelöst, was Kauder fast zur Weißglut rieb. "Finden Sie das Thema eigentlich so lustig, dass man Späße machen kann?", herrschte er Fischer an. Doch der ließ sich nicht beirren. "Hört mal ihr beiden Hübschen, was habt ihr da Schlimmes getan, das habe ich nicht gefragt", höhnte Fischer über Vorhaltungen zu den zwei BND-Männern in Bagdad. Auch er nannte es "abwegig", aus der Präsenz der Geheimen einen deutschen Kriegseinsatz zu machen.

Und welche Bedeutung hatten die Erkenntnisse des BND nun für die Amerikaner? "Sie waren an der einen oder anderen Stelle hilfreich, dass falsche Entscheidungen nicht getroffen wurden, die amerikanische Soldaten das Leben gekostet hätten", meinte Fischer freimütig in einer Sitzungspause vor Journalisten. Ganz so kriegsunwichtig, wie Steinmeier immer wieder betonte, kann die deutsche Rolle während der Irak-Invasion also nicht gewesen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort