Weiße Westen für schwarze Perlen
BERLIN. Wenn die Putzfrau mit Wiederholungsabsicht wischt: Die Pläne der Bundesregierung zur Bekämpfung der Schwarzarbeit sorgen für Verwirrung.
Bundesfinanzminister Hans Eichel ist ein ehrenwerter Mann. Werktags müht er sich redlich, das nationale Finanz-Chaos zu ordnen und die Defizite schön zu reden. Und am Wochenende legt er oftmals selbst Hand an, um in seiner modernen Mietwohnung am Potsdamer Platz für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen. Angeblich ist der emsige Nordhesse zu sparsam oder auch zu geizig, um sich eine Putzfrau zu leisten. Nicht gegeizt hat er dafür mit einem neuen bürokratischen Unikum, das die Schwarzarbeiter der Republik auf den Pfad der Tugend zurück bringen soll. Nach Lage der Dinge könnte sein "SchwarzArbG" (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) aber als Schuss im Ofen enden. Zwar wird Eichels Ansinnen, "ein neues Unrechtsbewusstein gegenüber der Schwarzarbeit zu schaffen und rechtmäßiges Verhalten zu fördern", parteiübergreifend begrüßt. Doch der entsprechende Referentenentwurf, der am 18. Februar im Kabinett behandelt werden soll, steckt voller Ungereimtheiten. Nicht mal die Spitze des Ministeriums kann Auskunft darüber geben, wie die schwarze Putzfrau oder der heimliche Babysitter aus der Nachbarschaft denn nun ermittelt und bestraft werden soll. Ein internes Papier, das sich der Problematik offener Fragenangenommen hat, entpuppt sich als Eiertanz. Dass die "echte" Schwarzarbeit, die in großem Stil am Bau und im Fuhrgewerbe ausgeübt wird und den Staat alljährlich Milliardenbeträge kostet, nachhaltiger als bisher bekämpft werden muss, ist unumstritten. Den Normalbürger interessiert aber vor allem die Regelung, die der Minister bei der Verfolgung illegaler Tätigkeiten im privaten (haushaltsnahen) Bereich anstrebt. Hier geisterten tagelang Meldungen durch die Medien, auch kleinkalibrige Schwarzarbeiter wie Putzfrauen oder Babysitter müssten zukünftig mit hohen Geldstrafen oder gar Gefängnis rechnen. Noch am Dienstag dementierte zwar Eichels Steuer-Staatssekretärin Barbara Hendricks die Kittchen-Drohung, bestätigte aber, dass Bußgelder bis zu 1500 Euro geplant seien, wenn Dienstleistungen im Haushalt an der Steuer vorbei geleistet würden. Am Freitag hörte sich das wieder ganz anders an. Wie die illegale Beschäftigung einer "Perle" zu ahnden sei, konnte zwar auch Eichels Sprecher Stefan Giffeler nicht sagen, doch hat die Fachabteilung des Hauses dafür den Versuch der Quadratur des Kreises gemacht. Und der liest sich so: "Das in der Pressediskutierte Bußgeld von 1500 Euro steht nicht im Zusammenhang mit der Schwarzbeschäftigung einer Putzfrau".Am 9. Juli berät der Bundesrat
Gleichwohl gilt: "Je nach Einzelfall kann sich eine schwarz arbeitende Putzfrau auch selbst wegen Steuerhinterziehung strafbar machen". Und weiter: "Die gelegentliche Beschäftigung eines Babysitters bei ganz geringem Entgeld wird nicht als Schwarzarbeit verfolgt." Allerdings sei eine "gelegentlich stundenweise Beschäftigung" durchaus als "nichtselbständige Tätigkeit" zu betrachten, für die natürlich die "Regelungen zum Minijob anwendbar" seien. Vor allem dann, "wenn die Tätigkeit mit Wiederholungsabsicht ausgeübt wird". Was denn nun? Ein Beamtendeutsch, das nahezu alle wesentlichen Fragen offen lässt: Wie sieht der "Einzelfall" aus, nach dem sich die Putzfrau strafbar macht? Oder: Was ist unter einer "gelegentlichen Beschäftigung" zu verstehen? Mittlerweile zweifelt auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Sinn einer Gesetzgebung, die so wenig Erfolg verspricht. Auch die professionelle Schwarzarbeit werde weitgehend erfolglos bekämpft, erklärte das DIHK am Freitag in Berlin. Der Schwarzarbeit-Experte Friedrich Schneider (Linz) meinte, die zusätzlichen Steuereinnahmen würden durch die Kosten der Überwachung "aufgefressen". Und ganz falsch sei eine Kriminalisierung von Bagatell-Schwarzarbeiten, weil man "sonst halb Deutschland einsperren müsste". Ungeachtet der wachsenden Kritik will Eichel an seinem Entwurf festhalten. Er erhofft sich nicht nur eine ehrlichere Gesellschaft, sondern auch Mehreinnahmen von über einer Milliarde Euro. Da er die Rechnung aber nicht ohne den Wirt (die Opposition) machen kann, dürfte sich noch einiges an dem Gesetzentwurf ändern. Vielleicht wird sogar eine Geringfügigkeitsgrenze eingeführt, wie die FDP fordert, damit die "schwarze" Putzfrau ein Kavaliersdelikt bleiben kann. Am 9. Juli wissen wir mehr. Dann soll das "SchwarzArbG", ganz legal, im Bundesrat verabschiedet werden.