Weitere Auftritte nur unter Auflagen

Berlin · Die Parteien beraten über den richtigen Umgang mit der Türkei. Die Bundesregierung will an der Presse- und Meinungsfreiheit festhalten.

Berlin Verbal hat die Bundesregierung am Montag ihre Kritik an der Türkei verschärft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Rande ihres Spitzengesprächs mit der Deutschen Wirtschaft in München, die Niederlande hätten ihre "volle Unterstützung und Solidarität". Die Nazi-Vergleiche der türkischen Regierung seien "völlig inakzeptabel" und "verharmlosen das Leid gerade mit Blick auf die Niederlande, die so gelitten haben unter dem Nationalsozialismus". Praktisch will die Regierung an ihrer bisherigen Linie aber nichts verändern.

Soweit geht die Solidarität mit den Niederlanden nach den Nazi-Vorwürfen aus Ankara dann doch nicht. Regierungssprecher Steffen Seibert meinte in Berlin, wenn man bei anderen die Einschränkung der Meinungs-und Pressefreiheit kritisiere, müsse man "diese Werte im eigenen Land hochhalten. Das heißt, dass wir eben kein generelles Verbot von Auftritten türkischer Politiker ausgesprochen haben". Dabei soll es bleiben, obwohl am Wochenende auch andere Töne zu hören waren, beispielsweise von Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

Wer allerdings als türkischer Politiker in Deutschland auftreten wolle, müsse sich an die Gesetze und Regeln hierzulande halten und dürfe keine innertürkischen Konflikte schüren, so Seibert. Außerdem müssten die Veranstaltungen "rechtzeitig und transparent" angekündigt werden.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Türkei habe in der vergangenen Woche eine Liste mit geplanten Auftritten türkischer Politiker eingereicht. Bis zu 30 sollen es sein. Darunter ist aber kein weiterer Minister mehr, auch nicht der türkische Präsident Erdogan.

Angesichts der Eskalation der letzten Tage will die Bundesregierung die Lage nun "sehr genau" beobachten. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz warnte die Türkei davor, Auslandsbesuche von Regierungsmitgliedern für Parteipolitik zu instrumentalisieren. Er appellierte an die Türkei: "Regiert euer Land - treibt nicht im Ausland eure eigenen Bürger auseinander." Jedes Staatsoberhaupt oder Regierungsmitglied eines befreundeten Landes sei zwar willkommen. Wer jedoch als Außenminister oder Ministerpräsident empfangen werden wolle, "um anschließend aber nichts anderes zu tun, als parteipolitisch motivierte Propaganda zu betreiben, der kann nicht damit rechnen, dass das akzeptiert wird". Schulz sprach sich dafür aus, dass die EU-Mitglieder eine gemeinsame Position in dem Streit einnehmen. Dafür plädierten auch die Grünen. Man müsse zudem weiter "besonnen reagieren", so die Vorsitzende Simone Peter.

Dass Verteidigungsministerium erteilte am Montag Forderungen eine Absage, die deutschen Soldaten vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik abzuziehen. "Unseren Soldatinnen und Soldaten in der Türkei geht es sehr gut", so Sprecher Jens Flosdorff. In Incirlik sind deutsche Tornado-Aufklärungsjets und ein Tankflugzeug stationiert für den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien. Sie sind Teil der Anti-IS-Koalition, der mehr als 60 Länder angehören. Der Kampf gegen den IS sei gerade "in der entscheidenden Phase", erklärte Flosdorf. Insofern komme es jetzt umso mehr auf den deutschen Beitrag an. Man habe im Auftrag des Parlamentes bereits Alternativstandorte etwa in Jordanien und Kuwait prüfen lassen. "Man könnte auf andere Basen ausweichen, aber das wäre mit starken Einschränkungen verbunden", erklärte Flosdorff.
Hintergründe zur diplomatischen Krise zwischen der Niederlande und der Türkei auf Seite 5

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort