Wenn das Urlaubsparadies zur Hölle wird

Hurghada · Ein Mann tötet an einem ägyptischen Strand zwei Frauen aus Deutschland. Wie sicher ist das nordafrikanische Land nach der Bluttat?

Hurghada (dpa) Am Tag nach dem tödlichen Angriff auf zwei deutsche Frauen in Hurghada ist das Leben am Strand des Hotels Zahabia zurück. Kinder mit Schwimmreifen freuen sich auf das türkisblaue Wasser, aus dem am Freitag ein Mann mit einem Messer stieg. Mit welcher Motivation der festgenommene Mann — Berichten zufolge soll er 28 Jahre alt sein und aus Nordägypten stammen — die Tat beging, ist noch immer unklar. Doch die Informationen, die aus Sicherheitskreisen in Kairo verlauten, lassen das Schlimmste befürchten: Der Messerstecher soll von der Terrormilz IS mit der Bluttat beauftragt worden sein.
Es war etwa 13 Uhr, als Urlauberin Alice Matthiesen Schreie vom Strand gegenüber hörte. Männer auf einem Schiff hätten gebrüllt. "Der eine schlug mit einem weißen stockartigen Ding auf jemanden im Wasser ein", schildert die Urlauberin im ägyptischen Badeort Hurghada ihre Eindrücke auf Facebook. Matthiesen beobachtete offenbar das Ende der Gewalttat.
Wenige Minuten zuvor hatte ein Mann schwimmend Kurs auf den Hotelstrand genommen. Bei Temperaturen an die 40 Grad war er nur einer von vielen im Wasser. Doch als er den Strand betrat, wurde klar, dass der Schwimmer sich hier nicht entspannen wollte. "Dieser Typ ist rübergeschwommen und hat die zwei deutschen Frauen erstochen", sagt ein Manager des Hotels Zahabia im Zentrum Hurghadas.
Nach seiner Tat sei der Messerstecher dann schwimmend geflohen, schildert Khaled Taha, der Leiter des Nachbarhotels El Palacio, in dem der Täter wenig später festgenommen wurde. Seine Sicherheitsleute hätten den Mann unschädlich gemacht und dann gefesselt. Taha glaubt nicht daran, dass es sich bei dem Täter um einen Extremisten handelt. "Es schien so, als sei der Typ geistig verwirrt gewesen." Auch im El Palacio habe er um sich gestochen, um Menschen zu verletzen.
Dabei halten viele Menschen in Hurghada auch eine Gewalttat aus persönlichen Gründen für möglich. Schließlich hatten einige Augenzeugen berichtet, der Messerstecher sei gezielt auf die beiden Frauen losgegangen. Andere berichten dagegen, er habe wahllos auf die Gäste des Strandes eingestochen. Die Opfer stammten aus der Nähe von Peine (Niedersachsen) und hätten immer wieder für mehrere Wochen in dem Ferienort gewohnt. Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil sprach von einem "heimtückischen Messerattentat".
Wenn die Frauen nun Opfer eines Dschihadisten wurden, ist es nur das jüngste Kapitel im vom Terror geplagten Ägypten (siehe Extra). Die schweren Anschläge beanspruchte dabei stets ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich.
Die Dschihadisten operieren im Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel - einem militärischen Sperrgebiet, in dem sich die ägyptische Armee immer wieder heftige Gefechte mit den Extremisten liefert. Diese versuchen, das Land mit allen möglichen Mitteln zu destabilisieren.
Der staatliche Informationsdienst Ägyptens hob dabei hervor, dass die Gewalt gegen Touristen in Ägypten in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sei. Tatsächlich galten die Urlaubsgebiete am Roten Meer bis jetzt als weitgehend sicher. Was nichts daran änderte, dass nach dem Flugzeugabsturz 2015 mit 224 Toten Tausende Hotelzimmer leerstanden. Jeder neunte Job in Ägypten ist direkt oder indirekt von Urlaubern abhängig. Zuletzt jedoch ging es vor allem mit den deutschen Urlaubern wieder bergauf. Reiseveranstalter bezeichneten Ägypten schon als das Trendziel für den Winter. Für Hurghada, seine Hotels, Restaurants und Bars ist der Tod der Deutschen nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern wohl auch eine wirtschaftliche Katastrophe.
Marcel Lauck, der mit der Caribbean Bar eine der auch unter Deutschen beliebtesten Gaststätten in der Stadt betreibt, sagt traurig, überall auf der Welt gebe es Verrückte, die irgendwann ausrasteten. "Dieses Mal leider in Ägypten."Extra: ANGRIFFE AUF TOURISTEN IN ÄGYPTEN


(dpa) Immer wieder kommt es im Urlaubsland Ägypten zu Attacken auf Touristen. 18. April 1996: Im Eingangsbereich eines Kairoer Hotels erschießen vier mutmaßliche Aktivisten der Gamaa Islamija 18 griechische Reisende. 18. September 1997: Neun Deutsche und der ägyptische Fahrer sterben bei einer Bombenattacke auf einen Touristenbus in Kairo. 17. November 1997: Mitglieder der Terrorgruppe Gamaa Islamija erschießen vor dem Hatschepsut-Tempel in Luxor 58 Urlauber und mehrere Polizisten. Unter den Toten sind 36 Schweizer und vier Deutsche. 7. Oktober 2004: In den Sinai-Badeorten Taba und Ras al-Schaitani gehen nahezu gleichzeitig mehrere Sprengsätze hoch. Unter den 34 Toten sind zwölf Israelis. 7. April 2005: Ein Motorradfahrer wirft in Kairo einen Sprengsatz in ein Geschäft. Bei der Explosion werden ein Amerikaner, zwei französische Staatsbürger und der Attentäter tödlich verletzt. 23. Juli 2005: Bei der Explosion von drei Sprengsätzen im Badeort Scharm el Scheich werden 66 Menschen getötet, vor allem Ägypter. 24. April 2006: Bei Anschlägen im Badeort Dahab kommen mindestens 22 Menschen ums Leben, darunter auch ein zehnjähriger Junge aus Baden-Württemberg. 19. September 2008: 19 Teilnehmer einer Wüstensafari, darunter fünf Deutsche, werden verschleppt. Zehn Tage später kommen alle Geiseln frei. 22. Februar 2009: Auf dem Basar Chan al-Chalili explodiert eine Bombe. Eine französische Touristin stirbt, 25 Menschen werden verletzt. 31. Oktober 2015: Ein russischer Airbus stürzt nach dem Start vom Badeort Scharm el Scheich über der Sinai-Halbinsel ab. Alle 224 Insassen kommen ums Leben. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekennt sich zu dem Anschlag, der mit einer Bombe an Bord ausgeführt wurde. 8. Januar 2016: Beim Angriff eines Mannes mit Messern auf ein Touristenhotel im Badeort Hurghada werden drei Urlauber verletzt.

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