Wenn das Vergessen zur Gefahr wird

Trier · Behörden dürfen Demenzkranken nicht ohne weiteres Führerschein oder Waffen abnehmen. Ein ärztliches Gutachten ist notwendig.

 Demenz führt zu einem langsamen Abbau der Nervenzellen im Gehirn. Illustration: Demenz-Hilfenetzwerk Gera

Demenz führt zu einem langsamen Abbau der Nervenzellen im Gehirn. Illustration: Demenz-Hilfenetzwerk Gera

Foto: (g_pol3 )

Trier Auf den Straßen ist es alltäglich sichtbar: Immer mehr Ältere sind unterwegs, fahren noch im hohen Alter Auto. Oft fallen sie durch langsames, manchmal auch unsicheres Fahren auf. Nicht selten leiden die autofahrenden Senioren an leichten Formen der Demenz. Es fällt ihnen zunehmend schwerer, sich selbst in bekannten Orten zu orientieren, sie finden Straßen nicht, in denen sie schon unzählige Male waren. Doch ab wann führt die Krankheit dazu, dass die Betroffenen nicht mehr Autofahren können - und zur Gefahr für sich und andere werden? Es sei schwierig, sagt Matthias Maschke, darauf eine eindeutige Antwort zu finden. Maschke kennt sich mit Demenz aus. Er ist Chefarzt der Neurologie und Geriatrie im Trierer Brüderkrankenhaus. Und er leitet das Demenzzentrum in Trier.
So weiß er, dass Demenzkranke selten von sich aus sagen, dass sie nicht mehr Autofahren können. Auch vielen Angehörigen falle der Schritt schwer, die Erkrankten davon zu überzeugen, das Auto stehen zu lassen. Oder mit ihnen zum Arzt zu gehen und sich bescheinigen zu lassen, dass sie gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, Auto zu fahren.
Komme es zu einem Unfall, bei dem festgestellt werde, dass der Fahrer wegen Demenz nicht mehr geeignet ist, am Straßenverkehr teilzunehmen, werde den Betroffenen in der Regel der Führerschein entzogen, sagt Maschke.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Besitz von Waffen. Solange der Waffenbesitzer unauffällig ist, es also keine Hinweise darauf gibt, dass er etwa an einer schweren Demenz leidet, können die Kontrolleure der Waffenbehörden bei den Kreisverwaltungen und der Stadt Trier nicht ohne weiteres einschreiten. "Die waffenrechtlichen Vorschriften regeln nicht, dass Waffenbesitzer regelmäßig auf ihre persönliche Eignung hin überprüft werden müssen", sagt Ralf Frühauf, Sprecher der Trierer Stadtverwaltung. Nur wenn der Waffenbehörde entsprechende Kenntnisse vorlägen, etwa ein amtsärztliches Gutachten über die geistige und körperliche Eignung, werde der Waffenbesitzer überprüft. Wenn nachgewiesen werde, dass der Waffenbesitzer nicht geeignet dafür sei, Gewehre oder Pistolen zu führen, dann müsse die Erlaubnis "zwingend" widerrufen werden, sagt Thomas Müller von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. Eine nachgewiesene Demenz sei ein solcher Fall. Mindestens alle drei Jahre werden Waffenbesitzer auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft. Hier werden laut Frühauf unter anderem Führungszeugnis, Bundeszentralregister und andere behördliche Dokumente abgefragt. "Eine regelmäßige Überprüfung der persönlichen Eignung findet nicht statt", sagt der Trierer Stadtsprecher.
Rund 10 000 Waffenbesitzer gibt es in der Region. Dass Waffenbesitzerlaubnisse aus gesundheitlichen Gründen entzogen werden, ist jedoch selten.
Nicht jeder demenzkranke Waffenbesitzer stelle automatisch eine Gefahr dar, sagen Experten. Doch bestimmte Formen der Demenz führten dazu, dass die Betroffenen ihre Aggressionen nicht mehr steuern könnten - und diese in körperliche Gewalt umschlagen könnten, sagt Uschi Wihr vom Trierer Demenzzentrum. Oft seien das Personen, die vor ihrer Erkrankung schon zu Gewalt geneigt hätten.

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