Gesundheit Wenn Kinder im Auto zugequalmt werden

Berlin · Eine Gesetzesänderung in Österreich belebt auch bei uns wieder die Debatte um Rauchverbote im PKW.

 Draußen, im Freien,  mag es ja noch angehen, aber Rauchen im Auto ist besonders für kleine Kinder gefährlich.

Draußen, im Freien, mag es ja noch angehen, aber Rauchen im Auto ist besonders für kleine Kinder gefährlich.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Eigentlich wäre es nur ein Federstrich im Gesetz. Und genauso vernünftig wie die Gurtpflicht oder das Handytabu am Steuer. Doch beim Rauchverbot im Auto tut sich Deutschland notorisch schwer, selbst wenn es nur auf Fahrten mit kleinen Kindern beschränkt wird. Nun geht mit Österreich das erste deutschsprachige Nachbarland gegen die Qualmerei beim Fahren vor – und die Debatte lebt auch hierzulande wieder auf.

Ab Mai muss in der Alpenrepublik mit bis zu 1000 Euro Geldbuße rechnen, wer in Gegenwart von Minderjährigen im Wagen raucht. Die Liste allein der europäischen Länder, die solche oder ähnliche Regelungen haben, wird damit immer länger: Frankreich, Griechenland, Zypern, England, Wales, Schottland, Irland. Und Italien, wo man sogar mit 5000 Euro bestraft werden kann, wenn Schwangere oder Säuglinge dem Qualm ausgesetzt sind. In Deutschland jedoch herrscht bisher die Meinung vor, es handele sich beim Auto um einen privaten Raum, in dem jeder tun und lassen kann, was er will.

Das vom Passivrauchen betroffene Kind freilich hat diese freie Entscheidung nicht. In Autos entsteht laut einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums durch Rauchen eine Schadstoffbelastung, die dem Fünffachen einer verräucherten Bar entspricht. Kinderlungen sind noch nicht ausgewachsen, die Gefahr von Langzeitschäden ist groß. Bei Säuglingen erhöht Passivrauchen nach Angaben der Forscher die Gefahr des plötzlichen Kindstodes.

Echte Gesetzesvorstöße hat es im Bundestag dennoch bisher nicht gegeben, nur Meinungsäußerungen. Etwa von der Drogenbeauftragten, Marlene Mortler (CSU), die sich so ein Verbot vor zwei Jahren „gut vorstellen“ konnte. Sie kam jedoch nicht weit und verlegte sich auf den Start einer Informationskampagne „Rauchfrei unterwegs“, die seitdem läuft. In Kinderarztpraxen und Grundschulen hängen entsprechende Plakate aus.

Immerhin: Zwei Drittel der Autofahrer verzichten nach Daten des Krebsforschungszentrums freiwillig auf die Zigarette, wenn Kinder unter sechs Jahren mit im Wagen sitzen. Sind die Kinder etwas älter, sinkt die Quote aber auf knapp über 50 Prozent.

Vor allem Fahrer mit niedrigem Bildungsgrad und niedrigem Einkommen nehmen auf den Nachwuchs wenig Rücksicht.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD gibt es zu dem Thema keine Aussage. Der SPD-Abgeordnete Lothar Binding, einer der bekanntesten Nichtraucher-Aktivisten des Bundestages, will in sechs Wochen wieder fraktionsübergreifend nichtrauchende Abgeordnete und Initiativen zum „Nichtraucher-Frühstück“ in den Bundestag einladen. Dort soll über einen neuen Vorstoß in der Straßenverkehrsordnung beraten werden. Binding sagte unserer Redaktion: „Viele Leute brauchen offenbar ordnungspolitische Vorgaben, damit sie ihre eigenen Kinder schützen.“

Der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke, ein Arzt aus Aachen, würde das unterstützen. Zwar zeigten die meisten Raucher sich ihrer Verantwortung bewusst und verzichteten im Auto in Gegenwart von Kindern auf die Zigarette. Aber manche ignorierten die Gefährdung des Kindeswohls noch immer.

„Dann hat der Schutz der Gesundheit für mich einen höheren Stellenwert als die Freiheit zur Ignoranz“, sagte Henke auf Anfrage.

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