Wenn Lobbyisten Gesetze schreiben

Der grüne Abgeordnete Volker Beck kann sich gut an die Verneblungstaktik der Bundesregierung erinnern. Im Herbst 2006 fragte der Rechtsexperte nach, wie es die Bundesministerien mit der Beschäftigung externer Mitarbeiter aus Konzernen und Verbänden hielten. Das gebe es gar nicht, lautete die Antwort.

Berlin. (vet) Wenig später musste sich die Regierung korrigieren, beteuerte aber, dass derlei Vertreter von den Ministerien bezahlt würden. Doch auch das war falsch, wie sich nun herausstellt. Zwischen 2004 und 2006 waren in den obersten Bundesbehörden bis zu 106 Lobbyisten tätig. In über 60 Prozent aller Fälle standen sie weiter auf den Gehaltslisten ihrer Firma. Das hat der Bundesrechnungshof ermittelt. Anlass für die Untersuchungen waren Recherchen zweier Autoren, die schon im ARD-Magazin Monitor mehrfach über diese "Leihbeamten" berichteten. Ihr Buch über den "gekauften Staat" wird heute in Berlin vorgestellt. Wer glaubt, Lobbyismus in der Bundespolitik beschränke sich auf die Teilnahme an Anhörungen zu Gesetzen oder vertrauliche Runden mit Abgeordneten, liegt daneben: Mittlerweile schreiben sich Konzernvertreter in den Ministerien ihre Gesetze selbst. Der unserer Zeitung vorliegende Prüfbericht des Bundesrechnungshofs listet 20 problematische Beispiele auf, in denen Lobbyisten in Ministerien mit Vorgängen befasst waren, die die unmittelbaren Geschäftsinteressen ihres Brötchengebers berührten. So entsendet ein öffentliches Kreditinstitut seit Jahren Beschäftigte in die Referate zweier Ministerien, die gleiche Themenstellungen bearbeiten. In einem anderen Fall hatte ein Referat zeitgleich mehr als 50 Verfahren für Gesetze und Verordnungen zu betreuen. Dafür wurden auch externe Beschäftigte eingestellt, die mit der Abstimmung der Entwürfe betraut waren, welche den Aufgabenbereich ihres Verbandes betrafen. Zwei Lobbyisten sind darüber hinaus sogar als Referatsleiter tätig.

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