Wenn nichts mehr geht

TRIER. (jp/f.k./DIL) Ein Gefühl wie in der Stunde Null: Der Mammut-Stromausfall brachte die Stadt Trier gestern für Stunden in einen Schwebezustand zwischen Chaos und Geisterstadt.

Die Kunden der Trierer Parkhäuser sind die ersten, die bemerken, dass etwas nicht stimmt. Die Ticket-Automaten streiken, die Schranken lassen sich nicht mehr öffnen. Es dauert nicht lange, bis etwa am City-Parkhaus die erste Schranke aus der Verankerung gerissen wird. Später öffnen die Parkhausbetreiber freiwillig die Schranken. Manchmal versuchen sie, von Hand zu kassieren, andernorts können die Autofahrer kostenlos den Heimweg antreten. Vorbildlicher verhalten sich die Autofahrer am heikelsten Punkt der Trierer Verkehrsachsen, an der Mammut-Kreuzung Römerbrücke. Wie überall sind die Ampeln ausgefallen, aber immer wieder kann man Fahrzeuge beobachten, die auf der Moseluferstraße ihr Vorfahrtsrecht freiwillig abtreten. Das Verkehrschaos können sie trotzdem nicht verhindern, so wenig wie die Motorradfahrer, die sich zwischen den Wagen hindurchschlängeln. In der Blechlawine wandert das Wort "Stromausfall" von Auto zu Auto.Autos stehen, Bier fließt

In der Innenstadt bangen viele Gastronomen um ihre Kühlanlagen. Das Bier fließt zwar auch um 19 Uhr noch wohl temperiert, aber die Vorräte in den Eisschränken muss man reihenweise abschreiben. Die Gefriertruhen in vielen Kaufhäusern werden im Eiltempo abgedeckt - eine Maßnahme, die freilich nur kurzfristig hilft. In vielen Läden macht man dicht. Im Kaufhof verkauft man bei Schummerlicht weiter, einige Kassen funktionieren noch. "Wir haben in den Fahrstühlen nachgesehen, aber da war zum Glück niemand drin", sagt Geschäftsführer Hans P. Schlechtriemen. Die Fläche zwischen Porta Nigra und Fleischstraße ist so voll wie beim Altstadtfest. "Ich musste einfach aus meiner Wohnung raus", sagt Karin Scherer. "Ich fühlte mich völlig von der Außenwelt abgeschnitten ohne Telefon, Fernseher und Radio." Probleme gibt es in vielen Büros. Der Stromausfall kommt zwar zur Feierabendzeit, aber oft sind die Computer noch in Betrieb, als das Aus kommt. Das Sichern von Daten ist nur möglich, wo Aggregat-Systeme als Reserve einspringen oder Laptops schnell auf Batterie-Betrieb umschalten können.Krankenhäuser gut gerüstet

Gewinner sind kleine Läden wie Bäckereien, die flexibel auf Handarbeit umschalten können. Tankstellen müssen dagegen den Betrieb einstellen, weil die Tanksäulen blockiert sind. Gelackmeiert sind auch viele Besitzer von automatischen Laden-Schiebetüren, die in dem einen Fall nicht auf- und in dem anderen nicht zugehen. Wer im Radio Informationen über das Tohuwabohu einholen will, hat schlechte Karten. Erst nach einer knappen Stunde funktionieren die Notaggregate im Sendeturm. Weil überall die hoch spezialisierten Telefonanlagen streiken, greifen die Menschen flächendeckend auf Handys zurück - was das Handy-Netz ab 18 Uhr weitgehend zum Einsturz bringt. Zum Glück sind wenigstens die Krankenhäuser gegen solche Extremfälle gesichert. "Wir haben alles im Griff", meldet das Brüderkrankenhaus. "Der Notstrom läuft, alle Intensivstationen und Operationssäle sind ohne Unterbrechung versorgt worden", sagt Bruder Peter. "Wir werden natürlich die Besetzung während der Nachtschicht verstärken, falls der Stromausfall noch länger dauert." Einige Krankenschwestern und -pfleger kamen schon aus eigenem Antrieb zum Dienst, ohne alarmiert werden zu müssen. Auch im evangelischen Elisabeth-Krankenhaus läuft der Notstrom. "Keine Probleme", sagt Geschäftsführer Dieter Hewener gegen 18.30 Uhr.

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