Wer wie der Trierer Priester Stephan Wahl "die Pegidianer" kritisiert, wird schnell selbst zur Zielscheibe

Trier · Wenn es um Kritik an Politikern oder Journalisten geht, sind die Pegida-Initiatoren und die Anhänger der Bewegung nur wenig zimperlich. Werden sie selbst kritisiert, ist die Toleranzschwelle gering - und das Echo fällt umso heftiger aus.

 BistumspriesterStephan Wahl. Foto: privat

BistumspriesterStephan Wahl. Foto: privat

Trier. Wer Stephan Wahl kennt, der weiß, dass der Trierer Bistumspriester ein Mann der deutlichen Worte ist. Als ausgebildeter Journalist und langjähriger Wort-zum-Sonntag-Sprecher redet und schreibt der 54-Jährige so, dass ihn auch Lieschen Müller versteht. Das hat dem in der Pfarreiengemeinschaft Waldrach tätigen Geistlichen viel Lob eingebracht, aber auch Kritik. Im Internet nahmen die verbalen Attacken gegen Stephan Wahl zuletzt derart zu, dass der Priester diese Woche seine Präsenz im sozialen Netzwerk Facebook vorerst beendete. Auf Anfrage unserer Zeitung wollte sich Wahl zu den Hintergründen nicht äußern. Auf seiner Internetseite berichtet er aber von "einigen Negativerfahrungen" und "kräftiger verbaler Prügel von Pegida & Co.".
Insbesondere auf den Dresdener Verein der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) sowie dessen Anhänger und Nachahmerbewegungen hatte es Wahl zuletzt abgesehen. Die Äußerungen ließen - wie gewohnt - an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. So kommentierte Wahl etwa am 1. Januar, dass Pegida "für Christen ein No Go" sei, also unvereinbar, und die Alternative für Deutschland (AfD) ebenso. Ein paar Tage später schreibt Wahl über Pegida-Aufmärsche, die verschwinden müssten, und verführte Pegida-Symphatisanten.
Wahl ist nicht der einzige Priester, der wegen seiner klaren Positionierung heftigen Gegenwind bekam. Als der Kölner Dompropst vor zwei Wochen ankündigte, während einer Pegida-Demonstration die Beleuchtung des Doms abzuschalten, bekam er etliche Protestzuschriften. Die einen schlugen Feldhoff vor, lieber ins Altenheim zu gehen, andere kündigten ihren Austritt aus der Kirche an.
Gerade diese Reaktionen hätten ihn darin bestätigt. "dass es richtig war, so zu handeln", kommentierte Feldhoff die Kritik. Nur durch solche Aktionen könne man die Augen der Menschen öffnen. Nach Aussage einer Sprecherin des Bistums Trier hat neben Stephan Wahl auch der ebenfalls bei Facebook aktive Hermeskeiler Dechant Clemens Grünebach ähnliche Erfahrungen gemacht.
Von Bedrohungen oder Beleidigungen einzelner Pfarrer sei ihm nichts bekannt, sagt dagegen Jens Peter Iven von der Evangelischen Kirche im Rheinland. Allerdings hätten sowohl Präses Manfred Rekowski als auch der Organisator der Anti-Saargida-Demo, Pfarrer Jörg Metzinger, "zwei, drei pointierte Meinungsmails erhalten".
Als "Heuchler", "Pauschalverurteiler" oder "trauriger Haufen" mussten sich dagegen die Mitglieder des Bamberger Domkapitels im Internet verunglimpfen lassen, nachdem sie sich ausdrücklich und mit Fotos von der Pegida-Bewegung distanziert hatten. "Viele der selbst ernannten Retter des Abendlandes gehen davon aus, dass wir Christen ihre natürlichen Verbündeten seien und sind dann umso enttäuschter und wütender, wenn genau das Gegenteil der Fall ist", meint ein hoher Geistlicher des Bistums Trier, der lieber anonym bleiben will.
Stephan Wahl hat zwar seinen Facebook-Auftritt gelöscht, doch auf seiner Internetseite will er sich nach eigenen Angaben weiter äußern - "mögen die Pegidianer hetzen, wie sie wollen".Extra

Ein Dresdener Hotelier hat nach Drohungen sein Angebot zurückgezogen, sein Hotel als Asylbewerberheim an die Stadt zu vermieten. Neben asylkritischen Schmierereien habe es Gewaltdrohungen im Internet gegeben, sagte Sozialbürgermeister Martin Seidel.dpa

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