Westerwelle will zu den Zitronen

BERLIN. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Das Echo auf die Urlaubs-Absage des Kanzlers, der statt an der italienischen Adria nun im heimischen Hannover Ferien macht, war allerdings geteilt.

 Viele Wege führen nach Rom: In dem kleinen Eifel-Weiler soll sich Gerhard Schröder erholen. Das hat ihm zumindest der Mainzer Regierungschef Kurt Beck empfohlen.Foto: TV -Archiv/Joachim Schröder

Viele Wege führen nach Rom: In dem kleinen Eifel-Weiler soll sich Gerhard Schröder erholen. Das hat ihm zumindest der Mainzer Regierungschef Kurt Beck empfohlen.Foto: TV -Archiv/Joachim Schröder

Während Gerhard Schröder von Genossen Zustimmung erhielt, nutzte die Opposition die Gunst der Stunde zur Kritik. Der Kanzler habe einen "Sturm im Wasserglas" entfacht, um von den Problemen in Deutschland abzulenken, stichelte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, der in seinem Urlaub durch Unterfranken wandern will. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle versuchte die Aufmerksamkeit von der deutsch-italienischen Urlaubsaffäre auf sich zu lenken. "Ich bin bereit", ließ der Liberale erklären, anstatt des Kanzlers in das Land zu reisen, "in dem die Zitronen blühen". Der blaugelbe Spaßvogel bekundete nicht nur seine "Solidarität mit den deutschen Urlaubern", sondern auch seine Qualifikation als Tourist: "Schließlich bin ich blond". Ernster nahm das deutsch-italienische Scharmützel der SPD-Generalsekretär. Olaf Scholz übte echte Solidarität mit dem Kanzler und erklärte am Donnerstag ebenfalls seinen Verzicht auf den geplanten Italien-Urlaub. Statt dessen, so eine Sprecherin der SPD, wolle Scholz nun Ferien im freundlichen Frankreich machen. Unterstützung erhielt der Kanzler auch vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Gernot Erler, der die Urlaubsabsage aufgrund der"Provokation" des römischen Staatssekretärs Stefano Stefani für gerechtfertigt hält. Gleichwohl sei das Thema noch nicht erledigt, sagte Erler: Die EU-Ratspräsidentschaft (die derzeit Italien innehat) sei ernsthaft belastet, wenn Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Äußerungen Stefanis ("supernationalistische Blonde fallen lärmend über unsere Strände her") nicht aus der Welt schaffe. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Berlusconi bläst derzeit auch innenpolitisch der Wind ins Gesicht. Seine Koalition steckt mal wieder in der Krise, und weil er auf die rechtsgerichtete Lega Nord angewiesen ist, kann er Staatssekretär Stefani nicht gegen deren Willen entlassen. Witzig wie Westerwelle reagierte in Deutschland derweil die rheinland-pfälzische CDU-Abgeordnete Julia Klöckner. Da sie sich "als blonde Deutsche" von den Äußerungen Stefanis angesprochen fühlte, hat sie "Signore Stefani" einen Brief geschrieben - und ihn nach Deutschland eingeladen. Nüchtern stellte die ehemalige deutsche Weinkönigin fest: "Michael Schumacher hat den lahmen Ferrari wieder flott gemacht. Da hab ich mir gedacht, dass wir auch im politischen Dialog wieder die Kurve kriegen können". Überhaupt scheint der Urlaubskonflikt die Phantasie der Rheinland-Pfälzer zu beflügeln: Ministerpräsident Kurt Beck lud den Parteifreund Schröder gestern nach Rom ein, weil man sich "in diesem idyllischen Fleckchen gut erholen kann". Becks Rom liegt allerdings nicht in Italien - sondern bei Prüm in der Eifel.

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