Wie eine Katze vor dem Mauseloch…

TRIER. (sey) Anderthalb Jahre schon halten vermutlich rumänische Panzerknacker die Region in Atem. Zahlreiche Geldautomaten-Diebstähle im Raum Trier, Prüm, Daun, Luxemburg sollen auf das Konto der Bande gehen. Erst gestern schlugen die Räuber in Neuerburg wieder zu. Der TV sprach mit Kriminaloberrat Norbert Müller, dem Chef der Ermittlungen.

Drei Geldautomaten-Diebstähle in der Region innerhalb weniger Wochen. Was macht eigentlich die Polizei? Müller: Die Polizei ermittelt und schützt. Der jüngste Diebstahl war in Neuerburg, die zuständige Kripo sitzt im 64 Kilometer entfernten Wittlich. Heißt: Eine Stunde Anfahrtszeit, wenn Sie auf die Tube drücken. Bis dahin dürfte selbst einem Gangster-Opa die Flucht gelungen sein Müller: Polizeiarbeit ist Team-Arbeit. Mit dieser Einbruchsserie ist das ganze Polizeipräsidium befasst. Wir in Wittlich bearbeiten den Fall. Doch darüber hinaus haben wir in der Fläche Polizei-Inspektionen, die sich zunächst der Sache annehmen und erste Maßnahmen einleiten. Im aktuellen Fall waren das die Bitburger Kollegen. die nachts nicht gerade gut besetzt sind. Müller: Nicht gut besetzt ist ein relativer Begriff. Die Besetzung muss immer in Relation gesehen werden zu den Zahlen aus der Kriminalstatistik. Und das tatsächliche Straftatenaufkommen ist in der nördlichen Eifel – verglichen mit anderen Regionen – eher gering. Warum ist es so schwer, die Bande zu schnappen? Müller: Wir betreuen eine Fläche, die größer ist als das Saarland. Damit sind die Wege natürlich weit – auch für die Dienststellen vor Ort. Zudem könnten die Täter rasch über die "Grenze" nach Luxemburg und Belgien oder nach Nordrhein-Westfalen verschwunden sein. Heißt also: Ländliche Regionen machen’s Gangstern leicht Müller: Es ist nicht leistbar und vom Bürger sicherlich auch nicht gewünscht, in jedem Ort eine Wache zu haben. Dann wären wir nahe am Überwachungsstaat. Es ist immer ein Spagat zwischen relativer Sicherheit und Freiheit für den Bürger. Gibt es Erkenntnisse, wo sich die Täter zwischen den einzelnen Raubzügen aufhalten? Müller: Ja. Aber darüber kann ich aus Ermittlungsgründen derzeit nichts sagen. Wir haben allerdings keine Erkenntnisse, dass sich die Banden länger im Bereich der Tatorte aufhalten. Nach Erkenntnissen des Polizeipräsidiums Südhessen sind etliche Tresorknacker anhand von DNA-Spuren eindeutig identifiziert. Die insgesamt etwa 25 Männer sollen alle aus einer Region in Rumänien stammen. Warum kriegen Sie die Männer trotzdem nicht? Müller: Das ist nicht so einfach. Die Täter sind mit gefälschten Papieren unterwegs und verbergen geschickt ihre Identität. Wie eng arbeiten Sie mit den rumänischen Behörden zusammen? Müller: Die Zusammenarbeit über Landes- und Bundeskriminalamt funktioniert, auch wenn Verbesserungsbedarf besteht. Erst vergangene Woche hat Polizeipräsident Bitter die überdurchschnittliche Aufklärungsquote seiner Beamten gelobt. Wenn das so weiter geht, verhageln Sie Ihrem Chef die diesjährige Statistik... Müller: Das habe ich schon eingangs gesagt: Die objektive Sicherheitslage ist eine andere als die subjektive. Die Aufklärungsquote der Kriminalinspektion Wittlich ist mit weit über 70 Prozent sogar noch höher als die im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums. Wie optimistisch sind Sie, dass Sie die Täter schnappen? Müller: Ich bin zuversichtlich, dass wir die Täter mittelfristig überführen. Dafür sind sorgfältige Arbeit am Tatort und intensive Ermittlungen nötig. Aber man benötigt in unserem Job auch gelegentlich die Mentalität einer Katze, die vor dem Mauseloch wartet. Wie gefährlich sind die Tresorknacker? Müller: Videoaufnahmen zeigen, dass die Täter während der Tat vermummt sind. Die Männer sind athletisch und zumindest teilweise vermutlich bewaffnet. Ich rate also, sich ihnen nicht in den Weg zu stellen. Zeugen sollten sich aus sicherer Entfernung ein möglichst detailliertes Bild machen und sofort die Polizei anrufen. Abschließende Frage: Wie groß ist der polizeiliche und womöglich auch politische Druck auf den Chef der Ermittlungen? Müller: Ich würde hier nicht von Druck sprechen. Ich werde für meine Arbeit bezahlt und mache sie gerne. Mit Norbert Müller sprach TV-Redakteur Rolf Seydewitz.

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