Wie gelähmt

BOLLENDORF. Die Suche nach Nicole Clerf ist nicht nur Thema in den Medien - mittlerweile sogar bundesweit, sondern auch in Bollendorf gibt es in diesen Tagen keinen wichtigeren Gesprächsstoff. In dem Ort an der Sauer, wo die Eltern der Vermissten leben, ist man tief betroffen.

"Was passiert denn jetzt als Nächstes?", fragt sich ein Bollendorfer Bürger. Während 15 Kilometer entfernt die Einsatzkräfte das Waldgebiet um Körperich durchforsten, geht er in Bollendorf an der Flusspromenade entlang spazieren und macht sich seine Gedanken: "Erst hatten wir hier im Grenzgebiet die Einbruchsserie, und jetzt passiert auch noch so was. Man darf darüber gar nicht weiter nachdenken." Die Ungewissheit um das Schicksal von Nicole Clerf lähmt den Alltag und die Alltagsunterhaltung in dem idyllischen Grenzort an der Sauer. Seit Tagen gibt es in den Geschäften kein anderes Gesprächsthema mehr als das Verschwinden der 26-jährigen Frau. "Schon bevor das verbrannte Auto gefunden wurde, war im ganzen Ort bekannt, dass Nicole vermisst wird", sagt eine Bollendorferin. Sie hat persönlich zwar keinen Kontakt zur Familie, ist vom Schicksal der Eltern aber dennoch tief betroffen: "Die Familie wohnt schließlich seit 30 Jahren in Bollendorf. Man kennt sie hier überall." Eine aufgeschlossene und freundliche Schülerin

"Es ist einfach schrecklich" meint eine andere Frau aus Bollendorf - eine ehemalige Lehrerin der Vermissten. "Nicole war immer eine sehr aufgeschlossene und freundliche Schülerin", sagt sie. "Nie habe ich irgendwas Negatives über sie gehört." Selbst Auswärtige beschäftigen sich mit dem Verschwinden von Nicole Clerf. "Wir sind ein paar Tage zu Gast hier in Bollendorf", sagt die 74-jährige Paula K. aus Heidelberg, "und haben schon am Sonntagabend vom Verschwinden des Mädchens erfahren. Das weitere Geschehen haben wir dann in der Zeitung verfolgt." Auch sie hat bereits festgestellt: "Mit wem man sich auch in Bollendorf unterhält - das Verschwinden der jungen Frau kommt immer wieder zur Sprache." Sie selbst ist Mutter von zwei Töchtern und einem Sohn. "Ich bin mittlerweile auch schon Oma, und eine Enkelin hat dasselbe Alter wie die junge Frau. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was die Eltern da durchmachen müssen", sagt Frau K. und bricht das Gespräch erschüttert ab. "Das Schlimme ist die Ungewissheit", sagt eine andere Bollendorfer Frau, die auch Mutter einer achtjährigen Tochter ist: "Man kann nichts machen, das ist es!" Mutter lässt Kind nicht mehr gern allein

Ihre Tochter lässt sie nicht mehr alleine vor die Haustür. "Bevor Nicole verschwunden ist, dachten wir, so was sieht man immer nur im Fernsehen. Auch wenn ich jetzt nur kurz aus dem Haus gehe, rufe ich meine Schwester oder die Oma an. Mein Kind lasse ich nicht mehr allein!" Ein Plakat an der Tür des Bollendorfer Pfarrheims verkündet seit dem Nachmittag: "Wir beten für die seit Tagen vermisste Nicole Clerf." Das tun dann am Abend auch weit über 200 Menschen in der Pfarrkirche St. Michael. Freunde und Bekannte sind nicht nur aus Bollendorf, sondern auch aus Körperich, Utscheid und anderen Dörfern zur Gebetsstunde gekommen. Pfarrer Erwin Rech spricht einige Minuten zu den Versammelten. Auch über das beklemmende Gefühl, in dieser Ungewissheit zu stecken. Am Morgen, so ist zu hören, war im wenige Kilometer entfernten Bettingen in einem Gottesdienst für die verschwundene Frau gebetet worden.

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