Wie im Horror-Film

Tatort Straße: Jugendliche greifen wahllos völlig überraschte Passanten an, schlagen sie nieder und filmen die Szene mit der Digital-Kamera oder dem Foto-Handy. Tatort Schule: Über Monate hinweg werden Mitschüler geschlagen, misshandelt, gedemütigt.

Auch hier ist das Kamera-Auge immer dabei, und hinterher machen die Bilder die Runde auf dem Schulhof oder gleich im Internet. "Happy Slapping" ist eine neue Dimension der Gewalt, die dem Hirn eines Horror-Filmers entsprungen sein könnte. Doch die Fälle in London, Hildesheim, Munster, Lamspringe, Bockenem und nun auch Trier sind keine Fiktion, sondern Realität. Klassenräume werden zu Folterkammern. Es ist weder logisch noch sinnvoll, sondern sogar äußerst gefährlich, diese Fälle herunterzuspielen, auch wenn es sich glücklicherweise um Ausnahmen und Einzelfälle handelt. Eine derartige Gewaltbereitschaft und das Fehlen jeglicher Hemmschwellen muss man dort suchen, wo sie sitzen: im gesellschaftlichen Umfeld, im Elternhaus, in der Schule. In Niedersachsen glaubten konservative Politiker allen Ernstes, das Problem bekämpfen zu können, indem sie ihren Schülern verbieten, Foto-Handys in die Schule mitzubringen. Das wäre ebenso sinn- wie erfolglos. Nicht die technischen Möglichkeiten, nicht die Foto-Handys, nicht das Internet transformieren Jugendliche in Schläger. Aufmerksame Eltern und engagierte Lehrer haben die Chance, ihren Kindern und Schülern einen sinnvollen Umgang mit der medialen Reizüberflutung zu vermitteln. Sie können verhindern, dass sich ein 14-Jähriger "Jackass" als Vorbild aussucht. Sie prägen die Werte. Sie tragen die Verantwortung. j.pistorius@volksfreund.de

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