Windpocken: Wirbel um Impfung

TRIER. (wie) Sind Windpocken eine unterschätzte Gefahr? Seit kurzem empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), Babys gegen die bislang als relativ harmlos geltende Kinderkrankheit impfen zu lassen. Eltern sind verunsichert, viele Kinderärzte halten die Impf-Empfehlung für Panikmache.

Windpocken - fast jeder hatte sie als Kind, aber kaum einer denkt dabei an eine schlimme Erkrankung: Juckende Pusteln, die Kinder ein paar Tage quälen. Jährlich erkranken etwa 750 000 Menschen daran. Doch jetzt heißt es, Windpocken seien eine unterschätzte Krankheit. 40 000 Komplikationen gebe es pro Jahr, bei knapp 5700 Fällen komme es zu schweren Haut- oder Gehirnentzündungen oder auch zu bleibenden Behinderungen, erklärt Klaus Mahler, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Wittlicher Krankenhaus. In ganz seltenen Fälle könnten Komplikationen tödlich sein. Zwischen 50 und 150 Millionen Euro Behandlungskosten könnten durch die Impfung eingespart werden, sagen die Befürworter. Während die Windpocken-Impfung noch vor einem Jahr lediglich für "Personen mit erhöhtem Risiko" empfohlen wurde, gab die Stiko im August die generelle Empfehlungen raus, Babys ab dem 11. Lebensmonat impfen zu lassen.Was war passiert? Ist das Virus gefährlicher geworden? Nein. Eine vom Hersteller des Impfstoffes in Auftrag gegebene Befragung unter 280 Ärzten ergab, dass es hin und wieder bei Windpocken auch zu Komplikationen komme. Diese Zahl wurde auf die Bevölkerung hochgerechnet. Einige Kinderärzte kritisieren die Studie als "realitätsfern". Windpocken seien bis auf seltene Einzelfälle "gut überwindbar", Komplikationen "ausreichend behandelbar". Eltern sind ratlos. Sollen sie ihr Kind impfen lassen oder nicht? Zumal einige Kassen, die Kosten von 55 Euro nicht übernehmen. Kinderarzt Mahler verteidigt die Impfung: "Geimpfte Kinder bekommen immer noch Windpocken, aber längst nicht so schlimm. Das entlastet Eltern und Kinder."

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